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Dr. Franz Karl Ginzkey (1871-1963)

Herkunft und Familie 

Geburts- und Taufmatrikel Franz Karl Ginzkey 1871

Franz Karl Ginzkey wurde am 8. September 1871 in Pola (heute Pula) geboren. Er war das erste Kind von Franz Ginzkey (ca. 1826-1905) und Mathilde Würkner (1841-1872).  Am 1. Oktober 1871 wurde er auf die Namen „Carl Franz Maria“ getauft. In seiner Jugend nannte man ihn „Franz Ginzkey“ und auch alle seine Dokumente waren auf diesen Namen ausgestellt. 

Parte Mathilde Ginzkey 1872

Ein Jahr später, am 8. Oktober 1872 kam seine Schwester Maria Carolina zur Welt.

 

Die Mutter, Mathilde Ginzkey dürfte im Kindbett erkrankt sein und erholte sich leider nicht mehr. Sie starb am 21. November 1872 im Alter von 31 Jahren. Die beiden Halbwaisen waren gerade erst 1 Monat bzw. 1 Jahr alt. Wer sich dann in weiterer Folge um die Kinder kümmerte, konnte ich nicht eruieren. Sie dürften aber ihre ersten Lebensjahre in Graz verbracht haben.  

 

Der Vater war bei der k.k. Marine. 1861 war er zum Marine-Kommissariats-Adjunkt ernannt worden. Später wurde er Marineingenieur, dann Marine-Chemiker und erhielt schließlich den Titel eines Marine Oberingenieurs. 

Am 29. Feber 1884 erblickte Gottfried das Licht der Welt. Er wurde als illegitimes Kind von Josefine Lochmer (*1841) geboren. Franz Ginzkey ehelichte später die Kindsmutter. Daraufhin wurde das Kind legitimiert und erhielt auch den Namen seines Vaters. Im Laufe der Jahre kam noch weiterer Nachwuchs dazu. Die Kinder Heinrich (1888-1906) und Mathilde komplettierten die neue Familie. 

 

Der Vater Franz Ginzkey entwickelte als Chemiker ein Mittel, das Schiffs- und Dampfkessel während der Zeit, in der sie nicht in Betrieb sind, vor Rost schützt. 1874 meldete er dafür ein Patent an. 1887 wurde er als Invalide in den Ruhestand entlassen. Von da an lebte er mit seiner Familie in Görz

 

Der kleine Franz besuchte die Marinevolksschule und die Marine-Unterrealschule in Pola. Anschließend absolvierte er 3 Jahre in der Marine-Akademie in Fiume (heute Rijeka) und 3 Jahre in der Infanteriekadettenschule in Triest. Wie sein Vater strebte er eine Offizierslaufbahn an. Er selbst berichtete, dass man ihn beim Eintritt in die Kadettenschule mit „Karl Ginzkey“ aufrief. Er wollte den Irrtum aufklären, wurde aber eines Besseren belehrt, indem man ihm seinen Taufschein vor die Nase hielt. Sogar sein Vater konnte sich nicht erklären, wie es zu dem Eintrag „Carl“ in dem Dokument gekommen war. Um Probleme zu vermeiden, nannte er sich von da an „Franz Karl Ginzkey“. Bei der folgenden Aufnahmsprüfung fiel er abermals auf und blieb seinen Prüfern sicherlich lange in Erinnerung. Zwischen seinem Ausscheiden aus der Marine-Akademie und der Aufnahmsprüfung in der Kadettenschule lag ein halbes Jahr. Diese Zeit nutzte der junge Ginzkey nicht nur dazu, sich für die Prüfung gut vorzubereiten. Er wollte die Kommission mit seinen Kenntnissen überraschen und in Staunen versetzen. Daher reicherte er das geforderte Wissen noch mit Zusatzkenntnissen an, die er den gelehrten Büchern seines Vaters entnahm. Und tatsächlich setzte sich Ginzkey bei der Prüfung derart in Szene, dass den Prüfern förmlich der Mund offen blieb. 

Franz Karl Ginzkey

Als Berufsoffizier durfte man nicht so einfach heiraten. Man benötigte damals eine entsprechende Heiratserlaubnis vom obersten Dienstherrn, dem Kaiser. Diese Heiratslizenz sicherte der Ehefrau eine staatliche Versorgung für den Fall, dass ihr Gatte im Dienst fiel oder an erlittenen Verwundungen starb.  Der Heiratskandidat musste weiters ein bestimmtes Einkommen nachweisen können und eine sogenannte Heiratskaution hinterlegen. Dies war eine Art verpflichtende Lebensversicherung. Je nach Rang und Alter differierte die Höhe der geforderten Kaution. Ginzkey erhielt im Mai 1900 seine Ehebewilligung vom k.k. Kriegsministerium. Am 8. November 1900 heiratete er dann in Pernegg/Mur Stefanie Stoiser (1873-1965). Die Braut stammte aus Wien. Das junge Paar wohnte dann vorerst auch in Wien. Die Ehe von Stefanie und Franz Karl Ginzkey blieb kinderlos. 1921 übersiedelten sie nach Salzburg.  

Trauungsbuch Franz Karl Ginzkey und Stefanie Stoiser 1900
Grab d. Fam. Stoiser am Wr. Zentralfriedhof

Ginzkeys Schwiegervater, Stefan Stoiser, war Marine-Generalkommissär in Pula. Er starb dort im Jahre 1921. Seine Witwe Bertha Stoiser geb. Binder (1847-1933) übersiedelte dann nach Salzburg, um näher bei ihrer Tochter zu sein. Sie starb im Juni 1933 im Alter von 86 Jahren in Salzburg. Die Eltern von Stefanie liegen am Wiener Zentralfriedhof in der Gruppe 86/13/31 begraben. Das ist in der Nähe von Tor 9. Leider ist das Nutzungsrecht des Grabes bereits Ende 2020 erloschen, aber noch existiert das Grab. 

 

Die Silberhochzeit feierte das Ehepaar Ginzkey am 8.11.1925 in der Pfarrkirche Pernegg, wo sie auch ihre Ehe geschlossen hatten. 1938 übersiedelten sie wieder nach Wien in den 13. Bezirk, in die Sebastian-Brunner-Gasse 13. Von 1944 bis 1956 lebte die Familie in Seewalchen am Attersee. Dort wurde Franz Karl Ginzkey 1950 zum Ehrenbürger erklärt.  Nach ihrer Rückkehr nach Wien, wohnten sie in einer neu errichteten Wohnhausanlage der Stadt Wien in der Johannesgasse 9-13. Das Haus erhielt später den Namen „Ginzkeyhof“. Die Ginzkeys verbrachten aber nach wie vor viel Zeit in Seewalchen. 

 

Über die Geschwister von Franz Karl Ginzkey konnte ich leider nicht viel in Erfahrung bringen: Bruder Gottfried Ginzkey wurde 1908 für den Truppendienst im Heer für untauglich erklärt und zum Lokaldienst eingeteilt. In Görz trat er in den Eisenbahndienst ein und arbeitete vorerst im dortigen Bahnamt.

Parte Franz Ginzkey 1905

Heinrich Ginzkey besuchte die Infanterie-Kadettenschule in Marburg. Dort erkrankte er während des 3. Jahrganges an Blinddarmentzündung. In weiterer Folge starb er am 30.3.1906 im Truppenspital auch daran. Er wurde nur 17 Jahre alt. Am 1. April wurde sein Leichnam dann unter großer Anteilnahme am städtischen Friedhof in Marburg beerdigt.

 

Über die Schwestern Maria und Mathilde konnte ich leider nichts in Erfahrung bringen. 

 

Der Vater Franz Ginzkey starb am 4. Jänner 1905 79jährig im k.k. Truppenspital von Görz. 2 Tage später wurde er mit militärischen Ehren am dortigen Friedhof zur letzten Ruhe gebettet. 

 

Militärzeit

Franz Karl Ginzkey

Franz Karl Ginzkey schlug wie sein Vater eine Karriere beim k.k. Militär ein. Bis 1897 war er Berufsoffizier der Infanterie in der k. u. k. Armee in Triest und Pola. Zeitweise hatte er auch den Posten des provisorischen Kommandanten der Kaserne des Rainer-Infanterieregiments auf der Festung Hohensalzburg inne. 

 

Er ging dann nach Wien, wo er von 1897 bis 1912 als Kartograph mit dem Titel „Archivrat“ am Militärgeographischen Institut arbeitete. Hier erhoffte er sich bessere Chancen für seine nebenberufliche Tätigkeit als Schriftsteller. Ginzkey freundete sich mit seinem Kollegen Erich Ritter Mor von Sunnegg und Morberg an. Dieser war etwas älter als er und hatte eine besondere Begabung im Freihandzeichnen und Aquarellieren. 

 

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wechselte Ginzkey ins Kriegsarchiv. Als Kriegsberichterstatter an der italienischen Front verfasste er Texte für die „Neue Freie Presse“. 1912 bekam Ginzkey eine befristete Beurlaubung vom Dienst. 1920 schied er aus dem aktiven Dienst beim Militär aus und übersiedelte nach Salzburg.

 

Der Schriftsteller

Franz Karl Ginzkey

Schon während seiner Zeit beim Militär in Salzburg veröffentlichte Franz Karl Ginzkey unter Pseudonymen, wie z.B. „Heinrich Hege“, erste Gedichte. Peter Rosegger erkannte schon früh Ginzkeys Talent und förderte ihn entsprechend. Ginzkeys frühe Werke erschienen u.a. auch in Peter Roseggers „Heimgarten“. 1898 versuchte ihn Felix Salten in der Osterbeilage der Allgemeinen Zeitung bekannt zu machen. 

 

Ab seinem 30. Lebensjahr brachte Franz Karl Ginzkey unter seinem richtigen Namen Gedichtbände, Lyrik, Natur- und Heimaterzählungen, Novellen und Kinderbücher heraus. Aus dieser Zeit stammt z.B. sein Lied „Erdenpilger“: „Die Sonne scheidet und ihr Abschied loht wie Flamme einem Wandersmann entgegen. Er wandert singend in das Abendrot, dort ist das Ziel von allen seinen Wegen. Was macht ihn lächeln über Nacht und Tod? Ein hoher Glaube, der sein Wandersegen. Der Einzelne, er geht ins Abendrot, die Menschheit geht dem Morgenrot entgegen.“ 

 

In Wien war Franz Karl Ginzkey Anfang des 20. Jahrhunderts als freier Mitarbeiter für die Wiener Zeitung tätig.

das Buch "Hatschi-Bratschis´s Luftballon" v. Franz Karl Ginzkey

Sein bekanntestes Werk ist aber sicherlich das Kinderbuch „Hatschi Bratschis Luftballon“. Es erschien im Jahr 1904. Die Illustrationen für das Buch fertigte Ginzkeys ehemaliger Kollege Erich Ritter Mor von Sunnegg und Morberg an. Die Geburt des Buches war eine langwierige und schwierige. Die Idee dazu hatte Ginzkey bereits 1901. 1902 verletzte sich Mor, der die Illustrationen beisteuerte, schwer an der Hand. Dies brachte naturgemäß auch eine Verzögerung für die Fertigstellung des Werkes mit sich. Es war auch nicht so einfach einen Verlag zu finden. Ginzkey war mit Stefan Zweig eng befreundet. Möglicherweise empfahl ihn dieser dann 1904 dem Verlag „Hermann Seemann Nachfolger“. Dieser hatte 1902 schon eine Arbeit Zweigs herausgebracht. Doch der versprochene Erscheinungstermin „vor Weihnachten“ wurde vom Verlag nicht gehalten. Damit war die Chance auf das große Weihnachtsgeschäft vertan. Aber nichts destotrotz trat „Hatschi Bratschis Luftballon“ einen Siegeszug durch die Kinderzimmer an. Der Inhalt ganz kurz zusammengefasst: Der kleine Fritz hört nicht auf seine Mutter und läuft aus dem Haus. Auf der Wiese kommt der böse Zauberer Hatschi Bratschi in einem roten Heißluftballon angeflogen und entführt Fritz. Hatschi Bratschi versucht noch weitere Kinder zu ergreifen. Dabei stürzt er aus dem Ballon und fällt in einen Brunnen. Nun fliegt Fritz ganz alleine in dem Ballon davon. Auf seiner Reise durch viele Länder begegnet er u.a. der Hexe Kniesebein und Menschenfressern und erlebt so manches Abenteuer.  Schließlich landet er in der Türkei im Haus von Hatschi Bratschi. Fritz wird als neuer Herr empfangen. Er befreit dann alle dort eingesperrten Kinder. Nach einem Festessen geht es für alle Kinder mit dem Ballon zurück nach Hause. Das Werk wurde folgendermaßen angepriesen: „Das Buch eignet sich für Kinder jeden Alters. Die kleineren Kinder werden durch die mannigfachen Abenteuer der Luftreise direkt interessiert, ältere Kinder werden mit besonderer Freude den überwältigenden Humor der Abenteuer genießen.“ Auch ich kenne das Buch seit meiner Kindheit und habe die Geschichte geliebt. 

 

In den 1960er Jahren prangerte man das Buch aber wegen rassistischer Darstellung von Schwarzen und Türken an. Auch die bildliche Umsetzung der Menschenfresser als Schwarze wurde angefeindet. Das Buch musste mehrfach umgeschrieben werden, so wurden z.B. die Menschenfresser durch Affen ersetzt. Der Text wurde derart verändert, so dass kein Hinweis auf Türken mehr ersichtlich war. Schließlich wurde das Buch für eine Zeit lang ganz aus dem Verkehr gezogen. Das Urteil, wie sinnvoll eine solche Zensur ist, überlasse ich dem jeweiligen Leser. Seit 2019 ist die Erstausgabe von 1904 wieder als Faksimile auf dem Markt. Ich habe sie mir besorgt, schon allein, weil ich mir gerne selbst ein Bild mache und mir dann ein Urteil bilde.

Franz Karl Ginzkey

Ebenfalls ein beliebtes Kinderbuch aus der Feder Ginkeys, das noch heute verlegt wird, ist „Florians wundersame Reise über die Tapete“. Ginzkey schrieb aber auch Romane wie „Geschichte einer stillen Frau“, „Der von der Vogelweide“ oder „Der Gott und die Schauspielerin“. Er verfasste auch zahlreiche Novellen, Erzählungen und Gedichte. Seine Balladen vom „Lieben Augustin“, „Der Teufel und die Bognerin“, „Der Zahnweh-Herrgott“ und „Domherr von Passau“ enthalten Lebensweisheiten und Satire. 

 

Peter Rosegger vermittelte Ginzkey 1906 an den Staackmann Verlag. Dieser verlegte in weiterer Folge die meisten Werke Ginzkeys. 

 

Nach seiner Übersiedlung nach Salzburg betätigte er sich als freier Schriftsteller und leitete die Zeitschrift „Bergland“. Er war mit zahlreichen Schriftstellern und Künstlern befreundet. Darunter waren Max Mell, Stefan Zweig, Anton Faistauer und Carl Zuckmayer. Ginzkey war gemeinsam mit vielen anderen Künstlern an der Gründung der Salzburger Festspiele beteiligt. Er gehörte auch viele Jahre dem dazugehörigen Kuratorium an. Weiters war er auch Präsident der Salzburger Literarischen Gesellschaft. In dieser Funktion förderte er u.a. Karl Heinrich Waggerl.

Promotion v. Franz Karl Ginzkey zum Ehrendoktor der Wr. Universität 1931

1931 ehrte die Universität Wien Ginzkey mit dem Ehrendoktorat.

 

1932 schrieb er ein Schauspiel, das er dem Burgtheater zur Aufführung anbot. Der Direktor lehnte das Stück allerdings wegen zu geringer Substanz ab. 1934 brachte Ginzkeys einen Reiseführer über Salzburg und das Salzkammergut heraus. Ab 1935 war Ginzkey der Vorsitzende der Adalbert-Stifter Gesellschaft.

 

 

Politisches Leben

Franz Karl Ginzkey

Ginzkey bezeichnete sich selbst als unpolitisch. Allerdings arrangierte er sich mit den wechselnden Regimen während seines Lebens nicht nur, sondern war durchaus auch politisch aktiv. Während der Kaiserzeit war er propagandistisch für das Habsburgerhaus tätig. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs ließ er sich für das Militär reaktivieren und arbeitete im Kriegsarchiv. Dort waren zahlreiche namhafte Schriftsteller versammelt, deren Koordination Ginzeky übernahm. Sie verfassten patriotische Texte und informierten die Öffentlichkeit über den Verlauf des Krieges und verfertigten Berichte über die Kriegsschauplätze. Während des Krieges und auch noch kurz danach, gab sich Ginzkey liberal. Ab 1919 war er Mitglied in der Freimaurerloge „Zukunft“, die sowohl für politische wie auch für religiöse Freiheit eintrat. 1931 trat Ginzkey aus. Die Freimaurer waren im Ständestaat ein Feindbild und viele höhere Beamte wurden damals gezwungen, sich von den Freimaurern zu distanzieren. 

 

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Ginzkey ein Verfechter des Anschlusses ans Deutsche Reich. 1921 setzte er sich für die Volksabstimmung ein und verfasste dazu folgenden Vers:

„Große Stunde, die ich meine, tritt hervor und werde Licht!

Dass sich Stamm dem Stamm vereine, bess’re Heimat weiß ich nicht.

Hass der Welt und Sklavenschande heißt das Leid, das uns geschah,

Nimm Dein Kind vom Donaustrande an dein Herz, Germania.“

 

1933 kehrte er gemeinsam mit vielen Sympathisanten des Nationalsozialismus auch der Autorenvereiniung P.E.N.-Club den Rücken. Kurz zuvor war es beim Kongress in Ragusa (heutiges Dubrovnik) zu einem Eklat gekommen. Grund war eine Auseinandersetzung um den Protest gegen die zuvor stattgefundenen Bücherverbrennungen in Deutschland.  

 

Während der Zeit des Austrofaschismus war Ginzkey einer von 50 Mitgliedern des Staatsrates. Diesem gehörte er von 1934-1938 an. Er vertrat dabei die Berufsgruppe der Künstler. Nach der Ausschaltung des Nationalrates und dem demokratisch arbeitenden Parlament, wurde der Staatsrat als vorbereitendes Organ zur Bundesgesetzgebung eingesetzt. Die Vertreter wurden nicht gewählt, sondern von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg nominiert und vom Bundespräsidenten Wilhelm Miklas ernannt. 

Bekanntnisbuch österr. Dichter 1935

1935 wurde Ginzkey Vorsitzender der Adalbert-Stifter Gesellschaft. Er war Mitglied im „NS-Kampfbund für deutsche Kultur“ und ab 1936 im „Bund deutscher Schriftsteller Österreichs“. Dieser setzte sich für den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich ein. Ginzkey verfasste auch einen Beitrag im „Bekenntnisbuch österreichischer Schriftsteller“, das nach dem erfolgten Anschluss 1938 erschien. Darin begrüßten über 70 Schriftstellerinnen und Schriftsteller den "Anschluss". 

 

Vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Österreich genoss Ginzkey bei Schuschnigg großes Ansehen. Dieser betraute ihn auch mit der Abfassung einer Staatshymne und ehrte ihn mehrfach. Ginzkey war sicherlich ein Anhänger der nationalsozialistischen Ideologie. Antisemitismus kann man ihm allerdings nicht nachweisen. Er hatte viele jüdische Freunde. Eng verbunden war er z.B. mit Paul Stefan Gründfeld, mit dem er im Kriegsarchiv zusammengearbeitet hatte oder Stefan Zweig, an dessen Seite er in Salzburg an der Gründung der Festspiele mitwirkte. Auch Carl Zuckmayer zählte zu seinem Freundeskreis.

Bildnis Franz Karl Ginzkeys vom Maler Ivo Saliger

Bei einer Ausstellung des Künstlerhauses im Jahr 1938 stellte der von den Nazis geförderte Maler Ivo Saliger u.a. auch ein Bildnis Ginzkeys aus.   

 

Ginzkey nahm Anfang März 1938 in Wien an den Empfangsfeierlichkeiten anlässlich des „Anschlusses“ teil. Gleichzeitig wurde seine Salzburger Wohnung in der Imbergstraße 26 polizeilich durchsucht. Dies erfolgte auf Grund einer Anzeige. Nachdem Ginzkey persönlich beim Sicherheitsdirektor vorsprach, wurde seine Wohnung sofort wieder freigegeben. 

Rede Ginzkeys anl. des 70. Todestages v. Adalbert Stifter im Wr. Türkenschanzpark 1938

Anlässlich des 70. Todestages von Adalbert Stifter fand im Wiener Türkenschanzpark vor dem Denkmal des Dichters eine Gedenkfeier statt. Veranstalter waren der Süddeutsche Heimatbund und die Adalbert-Stifter-Gesellschaft. Die Festrede hielt Dr. Franz Karl Ginzkey. Obwohl er noch nicht Parteimitglied war, blieb er kommissarischer Leiter der Adalbert Stifter Gesellschaft. Später gab er an, dass sein Hauptmotiv für eine NSDAP-Mitgliedschaft gewesen sei, den Vorsitz dieser Gesellschaft weiterführen zu können. 

 

Ab 1939 bemühte sich Ginzkey intensiv um eine Aufnahme in die nationalsozialistische Partei. Vorerst wurde er von dieser, trotz seiner früheren Mitgliedschaft in der Freimaurerloge positiv beurteilt. Für ihn sprach, dass er nationalsozialistisch eingestellte Schriftsteller aus dem Gefängnis befreit hatte. Trotzdem wurde seine Aufnahme dann lange blockiert. Er wurde als vorteilsuchender Salonliterat und Wendehals eingestuft, der nur auf den eigenen Vorteil bedacht sei. Man bezeichnete ihn als „Konjunkturritter ärgster Sorte“. Nach einigen Interventionen landete die Sache vor dem Gaugericht der Partei. Doch auch dieses Verfahren zog sich hin. Seine Position als Staatsrat wurde ihm angelastet, doch Ginzkey verteidigte sich damit, dass er die Funktion nicht selbst angestrebt habe. Man habe ihn dazu berufen. Er habe auch in diesem Amt stets seine nationale Gesinnung eingesetzt. In zahlreichen literarischen Beiträgen ist diese Einstellung auch klar ersichtlich. Inzwischen stand 1941 Ginzkeys  70. Geburtstag an. Dies warf wiederum die Frage auf, ob und wie dieser öffentlich begangen werden sollte. Aber Ginzkey war inzwischen Teil der nationalsozialistischen Künstlerszene und so würdigten ihn sowohl die Presse, als auch Parteigranden anlässlich seines runden Wiegenfestes. Propagandaminister Joseph Goebbels übermittelte telegraphisch seine Glückwünsche und in Wien überreichte ihm Stadtrat Dr. Leopold Tavs den Ehrenring der Stadt Wien. Tavs war bereits 1932 in den Wiener Gemeinderat eingezogen. Er galt als einer der radikalsten Nationalsozialisten in Wien. Nach dem Verbot der Partei fand man 1938 bei einer Hausdurchsuchung bei ihm Pläne für die Machtübernahme der Nazis in Österreich. Nach einigen Monaten Haft, wurde er nach dem Anschluss wieder als Stadtrat eingesetzt.  Tavs wünschte Ginzkey zu seinem Geburtstag „ungebrochene Schaffenskraft zum Ruhme der deutschen Dichtkunst, da er dem Großdeutschen Reich und dem neuen Europa noch viel zu sagen habe“. Ginzkey hatte inzwischen auch ein Gnadengesuch an die Kanzlei des Führers gestellt. Diesem wurde am 14. Dezember 1941 stattgegeben und Ginzkey wurde mit der Mitgliedsnummer 8.751.771 in die NSDAP aufgenommen. Ginzkey veröffentliche in weiterer Folge Texte und auch Propagandalyrik für die Partei. 

 

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg gab Franz Karl Ginzkey an, dass sein Parteieintritt eine Reaktion auf Angriffe gegen seine Person gewesen sei. Die Mitgliedschaft habe ihn vor weiteren Verfolgungen geschützt. Er habe sich als Mensch und als Dichter in keinster Weise in parteiliche Bestrebungen gemischt. Er habe nur eine friedliche Verständigung zwischen Österreich und dem Reich ersehnt. Die Parteizugehörigkeit habe es ihm ermöglicht, seine Tätigkeit ziemlich ungestört fortzusetzen. 

Franz Karl Ginzkey

Einige seiner Werke standen in der Sowjetischen Besatzungszone auf der Liste der auszusondernden Literatur. Dennoch wurde Ginzkey in der Zweiten Republik wieder verstärkt verlegt. Man belegte ihn lediglich mit einem Verbot für Zeitschriften. Dieses lief aber bereits 1947 wieder aus. 

 

Dem Schriftsteller wurden in weiterer Folge zahlreiche Ehrungen zuteil. Anlässlich seines 80. Geburtstages 1951 veranstaltete die Grillparzer-Gesellschaft gemeinsam mit dem Burgtheater im Akademietheater eine entsprechende Feier. Auch vom Unterrichtsminister wurde Gizkey geehrt, da er jahrelang auch in Schulen aktiv gewesen war.  

Franz Karl Ginzkey sitzt Gustinus Ambrosi Model

Im selben Jahr verlieh man ihm den Professorentitel und erklärte ihn zum a.o. Mitglied des Künstlerhauses. 1954 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Literatur, 1956 wurde er  zweiten Mal mit dem Ring der Stadt Wien geehrt und man überreichte ihm auch den Wappenring der Stadt Salzburg.  Ein Jahr später zeichnete man ihn mit dem Kunstpreis für Dichtung, dem Großen Österreichischen Staatspreis und dem Ehrenpreis für Wissenschaft und Kunst aus. 

 

1959 fertigte der Künstler Gustinus Ambrosi eine Bronzebüste von Ginzkey an. Diese befindet sich heute im Besitz des Belvedere. Ambrosi hatte 1957 eine Schenkung seiner Werke im Todesfall verfügt. 

 

 Anekdote

Herr Kroiß vom Litzlberger Keller in Seewalchen am Attersee schrieb über vierzig Jahre lang die Speisekarte für das Lokal. Eines Tages beschwerte sich ein deutscher Gast, dass man das Wort Zwetschke doch wohl mit einem „g” und nicht mit einem „k” schreiben würde. Herr Kroiss befragte sofort Herrn Ginzkey und hörte folgende Erklärung: „Ja, das kommt drauf an. Ist die Zwetschke weich, dann schreibt man sie mit einem „g”, ist sie aber hart, dann mit „k””.

 

Tod und letzte Ruhestätte

Grab v. Franz Karl Ginzkey am Wr. Zentralfriedhof

Franz Karl Ginzkey starb am 11. April 1963 in Wien im Alter von 92 Jahren. Am 18. April 1963 wurde er am Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32 C, Nummer 25) in einem Ehrengrab bestattet. Dort fand auch seine Gattin Stephanie ihre letzte Ruhestätte. Sie starb am 21. Juli 1965 in Seewalchen.  

 

Nachdem eine Kommission 2012 die Widmungen von Gräbern kritisch durchleuchtete, erfolgte 2015 eine Umwidmung des Ehrengrabes Ginzkeys in ein „historisches Grab“. Diese Gräberkategorie war neu geschaffen worden. Sie dient dazu, Gräber von Personen zu erhalten, die keine Ehrbekundung erhalten sollen, aber das Grab aus historischen Gründen erhaltenswert ist. Dies kann, wie bei Ginzkey, mit seinem Schaffenswerk begründet sein. Im Fall des Grabes der Ringtheateropfer sichert sie wiederum das Gedenken an ein historisches Ereignis und deren Opfer.  

 

1964 wurde Ginzkeys letzter Wohnsitz in der Johannesgasse 9 nach ihm „Ginzkeyhof“ benannt. Auch eine entsprechende Gedenktafel wurde dort angebracht. 

1965 wurde Ginzkeys Lied „Oh Heimat, dich zu lieben“ mit einer Melodie von Ludwig van Beethoven zur Niederösterreichische Landeshymne erklärt. Schon in der Ersten Republik hatte man ab 1932 versucht, eine Hymne zu kreieren. Bei einem Wettbewerb 1937/38 ging eine Komposition des Geraser Prämonstratenser Chorherrn P. Milo Offenberger (1888-1959) mit einem Text des St. Pöltener Monsignore P. Josef Wagner (1874-1938) als Sieger hervor. Zur Hymnenfestlegung kam es allerdings nicht. Ab 1948 wurde Ginzkeys "Heimatlied" zu einer Melodie Offenbergers als inoffizielle Landeshymne bei verschiedensten Anlässen gesungen. Bei neuerlichen Bestrebungen eine Landeshymne um implementieren, wählte man zunächst die Kantate Ludwig van Beethovens. Ginzkeys Dichtung wurde schließlich für dazupassend befunden. Schließlich wurde am 12. Dezember 1965 die NÖ Landeshymne vom NÖ Landtag im Rahmen einer Festsitzung beschlossen.

1966 brachte das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen an der Häuserfront der ehemaligen Arbeitsstätte von Ginkzey, dem ehemaligen k. u. k. Militärgeographischen Institut am Friedrich Schmidt Platz 3 eine Tafel zur Erinnerung von Dr. Franz Karl Ginzkey an. Die Inschrift lautet: "In den Jahren 1897-1912 wirkte in diesem Haus als Kartograph Dr. h. c. Franz Karl Ginzkey. Als dieser schon längst ein bedeutender Dichter geworden, hing er noch immer in Dankbarkeit und Liebe an seiner einstigen Arbeitsstätte, dem k. u. k. Militärgeographischen Institut. Gewidmet vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen im Jahre 1966"

1968 wurde in Salzburg der „Ginzkeyplatz nach dem Schriftsteller benannt. 1988, 25. Jahre nach dem Tod Ginzkeys, plante man in Seewalchen ein Schulzentrum nach ihm zu benennen. Ginzkey war seit 1950 schon Ehrenbürger der Stadt Seewalchen. In einer öffentlichen Diskussion wurde die Namensgebung aber verhindert. 

 

Zum Schluss gebe ich meinen Lesern noch weise Worte aus Ginzkeys Feder mit.  Würde jedermann danach leben, wäre unsere Welt bald eine bessere:

"Wenn ich meinen Nächsten achte, hat es einen tiefen Sinn. 

Weil ich nach dem Ganzen trachte, dessen Teil ich selber bin".


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Kommentare: 5
  • #1

    Ingrid Widl (Samstag, 28 Dezember 2024 15:35)

    War wie immer ein total interessanter Artikel und erinnert mich an meine Kindheit wo wir auch dieses Buch gelesen haben! Danke für deine vielen tollen Recherchen und interessanten Veröffentlichungen! Freu mich schon auch 2025 wieder viele interessante Beiträge zu lesen!�

  • #2

    Heinz Knisch (Samstag, 28 Dezember 2024 20:36)

    Liebe Karin! Ich müsste jedes mal meine Begeisterung und meine Bewunderung über die informative, detailgenaue und umfangreiche Dokumentation ausdrücken und mich dafür bedanken, die ich/wir immer wieder bekomme(n). Aber jetzt am Ende des Jahres hole ich es für alle unbedankten Sendungen nach. Auch ich freue mich schon jetzt über die Beiträge im nächsten Jahr und ich wünsche Dir gleichzeitig alles Gute für das kommende Jahr, das hoffentlich friedlicher, ruhiger und mit weniger Katastrophen, also positiver als 2024, ablaufen wird. Leider sieht es jedoch nicht so aus... Prosit 2025 - Heinz

  • #3

    Gaby Kilian / München (Sonntag, 29 Dezember 2024 10:05)

    Herzlichen Dank für einen weiteren interessanten Beitrag. Wieder genial recherchiert und geschrieben.

  • #4

    Lindengrün Erich (Montag, 30 Dezember 2024 13:52)

    Liebe Karin!
    Habe Hatschi Bratschi meinen Kindern und Enkerln öfters vorlesen müssen, kann das ganze Buch heute noch auswendig. Über Franz Karl Ginzkey selbst, hab ich bis heute nichts gewusst. Daher vielen Dank für Deine lehrreiche Arbeit.

  • #5

    Gabriele Steindl (Montag, 30 Dezember 2024 20:14)

    Liebe Karin, ich habe mit großem Interesse deinen aktuellen Beitrag gelesen und finde ihn, wie alle vorangegangenen Beiträge, sehr interessant und aufschlussreich. Ich wünsche dir alles Gute für 2025 und uns Lesern dass du deinen Wissendurst nicht verlierst und uns weiterhin mit tollen Lebensgeschichten versorgst.