· 

Wilhelm August Jurek

Herkunftsfamilie

 

Am 29. April 1870 kam Wilhelm August in Wien als uneheliches Kind der Apollonia Schedivi (*1847) zur Welt. Erst 6 Jahre später heiratete seine Mutter am 21. September 1876 in der Pfarrkirche Reindorf den Kindsvater Gustav Jurek (1840-1919). Damit wurde auch Wilhelm August legitimiert und erhielt den Familiennamen seines Vaters.

Taufmatrikel Wilhelm August Jurek 1870
Gustav und Wilhelm August Jurek
Gustav und Wilhelm August Jurek

Gustav Jurek hatte 9 Jahre bei den Deutschmeistern gedient. Von 1863 -1866 war er in Budapest stationiert, wo er als einer der lustigsten „Hoch- und Splene“ galt. 1866 nahmen die Deutschmeister am Feldzug gegen die Preußen teil. Bei der Erstürmung des Wenzelsberges am 27. Juni 1866 machte sich Gustav Jurek mit einer Heldentat besonders verdient. Er trug den schwer verletzten und sterbenden Oberstleutnant Carmagnola durch dichten Kugelhagel zur Sanitätsstation zurück. Die Preußen konnten die Schlacht schließlich am 3. Juli 1866 bei Königgrätz für sich entscheiden. 

Für seine Verdienste bei den Deutschmeistern wurde Gustav mehrfach ausgezeichnet. Nach seinem Militärdienst arbeitete Gustav als Kanzleidiener im k. k. Eisenbahnministerium. 

 

Wie sein Vater, leistete auch Wilhelm August Dienst bei den Deutschmeistern. Er wurde 1891 zum Infanterie-Regiment Nr. 4 eingezogen, wo er in der Kompaniekanzlei eingesetzt war. 

 

Die Deutschmeister

Die Geschichte der Deutschmeister geht bis ins Mittelalter zurück. Damals wurde ein Ritterorden zur Verteidigung Jerusalems gegründet. Er trug den Namen „Deutscher Orden“. Als er aus dem Heiligen Land vertrieben wurde, siedelte er sich in Venedig an. Später hatte er als „Deutschordensstaat“ im Baltikum seine Residenz. Die Aufgabe des Ordens war es, die slawischen Völker im Osten zum Christentum zu missionieren. Die Leitung hatte ein „Hochmeister“. Während der Türkenkriege unterstützte der Orden die kaiserlichen Truppen. 

 

1695 war Kaiser Leopold I. mit der Türkei und Frankreich im Krieg und musste seine Armeen auch noch auf unzählige Kriegsschauplätze in Ungarn, Deutschland, den Niederlanden und Italien aufteilen. Mehrere  deutsche Kurfürsten unterstützten den Kaiser, indem sie Regimenter entsandten. Auch der Bruder von Kaiserin Eleonore, der Kurfürst Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg bot seine Hilfe an. Er schloss mit dem Kaiser einen Vertrag, indem er ihm zusicherte, auf eigene Kosten ein Regiment zu Fuß in den Dienst des Kaiserhauses zu stellen. 

Hauptmann der Deutschmeister

Im Juni 1696 wurde das erste Regiment in Donauwörth gemustert. Auf Vorschlag des Kurfürsten ernannte der Kaiser den Bruder des Kurfürsten, den Pfalzgrafen Franz Ludwig, Herzog in Bayern zum Obrist-Inhaber. Er war Fürstbischof von Breslau, Bischof von Worms und der Hochmeister des Deutschen Ordens. Von da an wurde immer der jeweilige Hochmeister des Ritterordens zum Regimentsinhaber gemacht. Das erste Regiment bestand aus 2.000 Mann und trug vorerst den Namen „Pfalz-Neuburg-Teutschmeister“, wurde aber bald nur mehr „Teutschmeister“ genannt. Kaiserin Eleonore spendete eine kostbare Leibfahne. 

 

Im September 1697 wurde das Regiment zum Kampf gegen die Türken nach Ungarn verlegt. Dort bewährte es sich unter dem Oberbefehlshaber Prinz Eugen von Savoyen in der Schlacht von Zenta.  Prinz Eugen hob in seinem Bericht an den Kaiser das Regiment der „Teutschmeister“ besonders lobend hervor. Daraufhin bedankte sich der Kaiser in einem Schreiben beim damaligen Kommandanten.  

Deutschmeister

Bis 1711 kämpften die Deutschmeister gegen den ungarischen Rebellen Rakoczi. Danach unterstützten sie die habsburgischen Truppen bei Kämpfen an allen möglichen Orten. Im Siebenjährigen Krieg machte sich das Regiment 1757 bei der Schlacht von Kolin gegen die Preußen verdient.  Der Traditionstag, der 18.Juni 1757, erinnert heute noch daran. 

 

1769 bekamen alle Infanterieregimenter eine Stammnummer zugewiesen. Das Regiment der Deutschmeister erhielt die Nummer 4.  1781 machte Kaiser Joseph II. die Deutschmeister zum Wiener Hausregiment. Als Haupteinzugsgebiet wurden die Wiener Vorstädte definiert. Die Deutschmeister Nr. 4 nahmen u.a. auch an den Koalitionskriegen gegen Frankreich teil und schlugen sich 1809 auch in der Schlacht bei Deutsch-Wagram.  

 

Inhaber des Regiments war der jeweilige Ordenshochmeister, dessen Amt umgangssprachlich „Hoch- und Deutschmeister“ genannt wurde. Daher erhielt das Regiment 1814 offiziell den Namen „Hoch- und Deutschmeister“. Nach dem Verlust der Souveränität des Ordens wurde von 1806 bis 1918 immer ein Habsburger Erzherzog als Inhaber des Regiments eingesetzt.

 

Natürlich hatte das Hausregiment auch eine Regimentskapelle. In der Zeit von 1841 bis 1846 war Philipp Fahrbach Sen.  ihr Kapellmeister.  Er war einer der besten Kapellmeister seiner Zeit und brachte es fertig, das Niveau der Regimentskapelle auf das eines symphonischen Konzertorchesters zu heben. 

 

1866 schlugen sich die „Hoch- und Deutschmeister“ erfolgreich in der Schlacht bei Königgrätz, in der auch Gustav Jurek kämpfte.

Danach folgte eine längere Friedensperiode. In dieser Zeit erlebte die Musik der „Edelknaben“ unter dem Kapellmeister Carl Michael Ziehrer ihre Hochblüte. Ziehrer dirigierte 1885 bis 1893 die Musikkapelle und trat mit ihr auch bei der Weltausstellung 1893 in Chicago auf. 1894 übernahm Wilhelm Wacek die Leitung der "Hoch- und Deutschmeister". Er unternahm mit der Kapelle zahlreiche Gastspiele im Ausland. U.a. führte sie ihre Konzertreihe 1910 nach Südamerika. Gesponsert wurde die Reise vom Berndorfer Industriellen Arthur Krupp. Ihm widmete Wacek seinen „Krupp-Marsch“

Deutschmeister-Denkmal

Unter dem letzten Regimentsinhaber Erzherzog Eugen wurde 1895 das Deutschmeisterdenkmal bei der Wiener Roßauer Kaserne beauftragt, welches aber erst 10 Jahre später, am 29. September 1906 enthüllt wurde.

 

1897 wurde das „Deutschmeister-Schützenkorps“ als Traditionsverein gegründet. Die Tätigkeit des Vereins umfasst bis heute die Pflege der Tradition der k.u.k. Armee und reicht von der Erforschung der Geschichte der Deutschmeister bis zur Teilnahme an Schießwettbewerben und Ausrückungen in historischen Uniformen anlässlich diverser Veranstaltungen. Bei offiziellen Auftritten tragen die Mitglieder die historische Uniform des „k.u.k. Infanterieregiments Nr. 4 Hoch- und Deutschmeister“ aus dem Jahre 1911. 

Deutschmeister

Im August 1914, kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs, gehörte das Regiment zum II. Armeekorps und war in Wien stationiert. Kommandant war Oberst Freiherr Ludwig von Holzhausen. 1915 verloren alle Regimenter ihre Zusatz- und Ehrennamen und wurden nur noch nach ihrer Stammnummer benannt. Von da an hießen die „Hoch- und Deutschmeister“ offiziell nur noch „Infanterie-Regiment Nr. 4“.

 

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde nicht nur die Monarchie aufgelöst, sondern auch das Regiment der „Hoch- und Deutschmeister“.  Während der 1. Republik nahm das „Wiener Regiment Nr. 4“ die Stelle der Deutschmeister beim Bundesherr ein. 1938 wurde es auf die 44. Infanteriedivision der Deutschen Wehrmacht aufgeteilt. Diese Division nahm an der Schlacht von Stalingrad teil. Adolf Hitler verlieh ihr 1943, geleitet von propagandistischen Motiven, den Namen „Reichsgrenadierdivision Hoch- und Deutschmeister“. In der 2. Republik übernahmen das „Landwehrstammregiment 21“ und das „Jägerregiment Wien“ die Deutschmeistertradition. Derzeit wird die Tradition vom Jägerbataillon Wien 1 fortgesetzt.

 

Der Deutschmeister Regiments-Marsch

Wilhelm August Jurek

1868 wurde in Österreich die allgemeine Wehrpflicht eingeführt.  Die Dauer der Dienstpflicht betrug 12 Jahre und begann mit dem 21. Lebensjahr. Die Männer verbrachten 3 Jahre aktiven Wehrdienst, dann 7 Jahre als Reservisten und weitere 2 Jahre in der Landwehr.  Wilhelm August Jurek trat also 1891 seinen Dienst bei den Deutschmeistern an. Zugeteilt war er der 7. Kompanie. Er war aber entgegen falscher Überlieferungen nie Tambourmajor der Deutschmeisterkapelle. Er tat vielmehr Dienst in der Kanzleistube. Noch in seinem 1. Dienstjahr wurde er zum Unteroffizier befördert.

 

Angeblich gab es nicht gerade viel Abwechslung bei seiner Arbeit. Eines Tages im Jänner 1893 hatte Wilhelm August Jurek nur jede Menge von Zeitscheinen abzustempeln, mit denen die Rekruten Ausgang erhielten. Er drückte also den Stempel zuerst in das Tintenkissen und schlug dann auf das Papier. Diesen Vorgang wiederholte er in einem gleichmäßigen Takt, so dass dieser Rhythmus und die damit verbundenen Geräusche eine Melodie ergaben. Dies inspirierte Jurek zu einem Marsch. Gleichzeitig sah er auf fast jedem Schein den Aufdruck „k.k. Infanterieregiment Nr. 4“. Als er seinen Dienst an diesem Tag beendete, hatte er den neuen Marsch und auch den Text bereits fertig im Kopf. Er musste das Ganze nur mehr aufschreiben. Wilhelm August Jurek hatte sich schon früh für Musik begeistert und auch eigene Stücke geschrieben.     

Deutschmeister-Regiments-Marsch

Für den Druck musste Wilhelm August Jurek dem Verleger 30 Gulden Druckkostenbeitrag zahlen, damit dieser das Lied überhaupt annahm. Am 19. März 1893 fand im Casino in Ober St. Veit eine private Feier statt, bei der sich zahlreiche Angehörige des Regiments mit Freunden und Familienangehörigen einfanden. Angeblich feierten die Rekruten, dass sie bereits die Hälfte ihrer militärischen Laufbahn abgeleistet hatten. Eine andere Version berichtet, dass es an diesem Tag eine Truppeninspektion des Kaisers im Prater gegeben haben soll. Der Kaiser soll voll des Lobes gewesen sein. Dieser Erfolg soll dann der Anlass für die Feier im Casino gewesen sein. Ich fand allerdings keinerlei Unterlagen, die diese Geschichte untermauert hätte. Jedenfalls gab damals Wilhelm August seinen Marsch das erste Mal zum Besten. Er selbst spielte am Klavier. Sofort löste das Musikstück euphorische Begeisterung aus und der Refrain wurde vom Publikum kräftig mitgesungen. Als die Gesellschaft mitten in der Nacht in die Rennwegkaserne zurückmarschierte, sang sie wieder und immer wieder lautstark „Mia san vom k. und k. Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister Numero 4“. Der Ohrwurm verbreitete sich rasch in der ganzen Stadt.   

 

Am 3. Juni 1893 fand in der Krieau eine Truppeninspektion durch den Kaiser statt. Bei diesem Anlass wurde dem Regimentskommandanten ein Exemplar des Deutschmeisterregimentsmarsches überreicht. Dieser nahm die Widmung an und gab der Regimentskapelle den Auftrag, den Marsch zu spielen. Bei einer Inspizierung in Bruck wurde der Regimentsinhaber Erzherzog Wilhelm auf den Marsch aufmerksam gemacht. Er ließ sich den Marsch gleich zweimal vorspielen.  

Und das ist der Text zu diesem Marsch, der auf der Beliebtheitsskala gleich nach dem Radetzkymarsch kommt:

Mir san vom vierten Regiment, gebor’n san mir in Wean!

Wir hab’n unser liab’s Vaterland und unsern Kaiser gern!

Und fangens wo mit Österreich zum Kriegführ’n amal an,

So haut a jeder von uns drein, so viel er dreinhaun kann.

Die Schlacht, zum Beispiel bei Kolin, wie’s jeder wissen thuat,

Beweist doch gleich, was all’s im Stand is’s Weanabluat.

Und so wie’s die vor uns hab’n g’macht, s kämpfen wir auch heut’

Und geb’n ’n letzten Tropfen Bluat für’s Vaterland voll Freud!

Refrain: Mir san vom k und k Infantrie-Regiment Hoch und Deutschmeister Numm’ro vier! 

 

Im Frieden jetzt da geht’s uns gut, san immer voll Hamur

Und müss’ mir a im Sommer oft sehr zeitlich in der Fruh

Von unsern Strohsack h’runter steig’n, das kann uns nix genier’n,

Denn kaum, dass mir recht munter san, schon unser’n „Schwarzen“ krieg’n.

Is a der Übungsmarsch sehr gross, fühl’n mir ka Müdigkeit,

Weil stets bei unser’n Regiment is da zum Zeitvertreib

A Mann in jeden Zug ganz g’wiss, der in der „unter’n“ Lad 

Zum Lachen und zum Weinen oft a Menge G’spass d’rinn hat.

Refrain: Mir san vom k und k Infantrie-Regiment Hoch und Deutschmeister Numm’ro vier! 

 

Und an an Sonntag Nachmittag in der Extra-Montur,

Im Sack unser’n Erlaubnisschein bis sieb’ne in der Fruah,

Im Arm a Maderl, wie a Fee, so lieb und wunderschön,

So können s’uns von Numm’ro vier beim Heurig’n draussen seh’n!

Doch wenn wir amal älter san und unser’n Abschied hab’n,

So sag’n wir jedem voller Stolz, wir war’n bei d’Edelknab’n,

Hab’n treu und brav in Kaisers Rock gedient für’s Vaterland

Und hab’n dem vierten Regiment gar niemals g’macht a Schand!

Refrain: Mir san vom k und k Infantrie-Regiment Hoch und Deutschmeister Numm’ro vier! 

 

Allerdings war das Spielen des berühmten Marsches in Wien öfter auch Anlass für einen Skandal. In den 1920er Jahren war das Lied Teil der Revue „Wien, gib acht!“. Diese feierte vor allem in Deutschland große Erfolge. In Wien hingegen erhitzen sich immer wieder die Gemüter und unterstellten, dass der Marsch ein Aufruf zur Wiedereinsetzung der Monarchie wäre. Wilhelm August Jurek, der sich nach dem Krieg den Sozialdemokraten anschloss, schrieb angeblich später auch einen neuen Text für den Marsch mit dem Titel „Für Freiheit und Recht“. Im konservativen Österreich setzte sich diese Version aber nie durch. Und so wird auch heute noch gesungen „Wir san vom k. und k. Infanterieregiment…..“

 

1933 wurde das 40jährige Jubiläum des Deutschmeistermarsches in den Sophiensälen groß gefeiert. Neben zahlreichen bekannten Künstlern spielten die Musikkapellen des neuen und des ehemaligen Deutschmeisterregiments. Wilhelm August Jurek selbst dirigierte seinen Marsch und sein neuestes Stück „Deutschmeistertreue“. Bundeskanzler Engelbert Dollfuss zeichnete Jurek mit dem „silbernen Verdienstzeichen Österreichs“ aus. Den Abschluss des Abends bildete der Direktor des Theaters an der Wien, Hubert Marischka. Er trat mit Ensemblemitgliedern der Parade „O du mein Österreich“ auf. 

 

Die Entstehung des mittlerweile weltweit berühmten Marsches verarbeitete Robert Stolz in der Operette „Frühjahrsparade“. Die Handlung wurde dabei in eine romantische Geschichte verpackt, in der ein junges Mädchen und der Deutschmeister Willy Jurek die Hauptrollen spielen. Als Film wurde die Operette am 20. September 1934 uraufgeführt. Die Musik komponierte Robert Stolz, das Drehbuch stammte von Ernst Marischka. Wolf Albach-Retty spielte Willy Jurek und Franziska Gaal das junge Mädchen. Paul Hörbiger verkörperte Kaiser Franz Josef I. In weiteren Rollen waren Annie Rosar, Theo Lingen, Adele Sandrock und Fritz Imhoff zu sehen. 

 

20 Jahre später inszenierte Marischka eine farbige Neuverfilmung. Diese kam 1955 unter dem Titel „Die Deutschmeister“ in die Kinos. In der Rolle des jungen Mädchen war Romy Schneider zu sehen. Willy Jurek wurde von Siegfried Breuer dargestellt. Paul Hörbiger gab auch diesmal wieder den Kaiser. In weiteren Rollen waren u.a. Magda Schneider, Susi Nicoletti, Hans Moser, Gunther Philipp, Josef Meinrad, Fritz Imhoff und Heinz Conrads vertreten. Später arbeite Robert Stolz das Werk zu einer Bühnenoperette um, welche 1964 in der Wiener Volksoper uraufgeführt wurde. 

 

Im April 1953 feierte die "Gesellschaft der Wiener in Wien" das 60 jährige Jubiläum des Deutschmeistermarsches in den Sofiensälen mit einem Festkonzert. An dieser Gedenkfeier nahm auch Wilhelm August Jureks Witwe teil, die nur wenige Monate später verstarb. Im Zuge des Festaktes wurden die alten Deutschmeistermusiker geehrt. Mit dem Erlös der Veranstaltung ließ man vom akad. Bildhauer Franz Waldmüller eine Gedenktafel entwerfen. Diese wurde am Haus Hietzinger Hauptstraße 141 angebracht und am 10. Oktober 1953 feierlich enthüllt. Sie erinnert daran, dass sich an dieser Stelle das Ober St. Veiter Casino befand und im Jahre 1893 dort erstmals der berühmte „Deutschmeister-Regimentsmarsch“ erklang. Die Inschrift lautet: „Im Ober-St. Veiter Casino erklang am 19. März 1893 zum ersten Mal der Deutschmeistermarsch von Wilhelm Jurek. Gewidmet von der Gesellschaft der Wiener in Wien. - F. Waldmüller“ . 

 

Wilhelm August Jureks Leben

Wilhelm August Jurek erhielt bereits in seiner Kindheit Klavierunterricht. Er studierte u. a. bei Adolf Tandler in Frankfurt am Main .

Visitenkarte Wilhelm August Jureks

Seinen 3jährigen Wehrdienst leistete er von 1891 bis 1894 in der Kanzleistube des Deutschmeister-regiments. Im September 1894 rüstete Wilhem August Jurek ab. Er arbeitete dann als Beamter der k. k. Hof- und Staatsdruckerei, wo er es bis zum Oberkontrollor brachte. Neben seinem Brotberuf schuf Wilhelm August eine ganze Reihe von Liedern. Er komponierte über 300 Werke für Orchester sowie Tanzmusik, Lieder und Werke für Blasmusik. Erst nach seiner Pensionierung im Jahr 1921 widmete er sich voll und ganz seiner Musik. Im Laufe der Jahre leitete er auch mehrere Gesangsvereine als Chormeister.

 

Wilhelm August war mit Lina Jurek (1874-1953) verheiratet, mit der er einen Sohn hatte. Wilhelm August Jun. (Willy) wurde am 29. April 1897 geboren. Damit feierten Vater und Sohn am selben Tag Geburtstag. Gewohnt hat die Familie im 15. Bezirk in der Gebrüder-Lang-Gasse 12.  

Viele seiner Lieder wurden erfolgreiche Schlager. Dazu gehörte u.a. der „Wiener Hausfrauen-Marsch“ oder das Singspiel „Hannerl vom Dreimäderlhaus“. Letzteres wurde auch als Film ein Kassenschlager.   

Ankündigung des Films ´s Hannerl vom Dreimäderlhaus" von Wilhelm August Jurek
"Geh mach dei Fensterl auf" von Wilhelm August Jurek

1903 wurde „Geh´mach´dei´Fensterl auf“  über Nacht zu einem erstklassigen Schlager. Wilhelm August Jurek zählte zu den beliebtesten Komponisten volkstümlicher Wiener Musik.

  

Im Dezember 1906 veranstalteten die „Naturfreunde“ einen Märchentag für Kinder. Wilhelm August spielte dabei Schullieder auf dem Klavier. Sein damals 8 jähriger Sohn Willy begleitete ihn auf der Violine. Wilhelm August hatte auch das Gedicht „altes Jahr, neues Jahr“ für diese Veranstaltung verfasst. Vorgetragen wurde es in beeindruckender Weise von 2 Kindern. 

 

Wilhelm August Jurek trat bei diversen Veranstaltungen mit seinen Liedern und Texten auf. Er war auch Teil des „Jurek-Trios", zudem neben ihm noch Rosi Koppler-Schillerwein und Hans Kretschmar gehörten.  

1911 widmete Wilhelm August Jurek sein neuestes Werk „Mein trautes Hernstein“ dem Hause Habsburg. Als Dank erhielt er von den Besitzern des Schlosses, Erzherzog Rainer (1827-1913) und der Erzherzogin Marie Karolina (1825-1915) eine wertvolle, mit Edelsteinen besetzte Tabatiere. Der Vater von Erzherzog Rainer, Erzherzog Rainer Joseph (1783-1853) hatte einst das Schloss Hernstein gekauft. Nach dessen Tod erbte es sein ältester Sohn Erzherzog Leopold Ludwig. (1823–1898). Dieser ließ das Schloss nach Plänen von Theophil Hansen großartig umbauen. Die Bauarbeiten dauerten 28 Jahre lang. Nach dem Tod von Leopold Ludwig ging der Besitz auf seinen Bruder Erzherzog Rainer über. 

Wilhelm August Jurek

1918 wurde Wilhelm August Jurek als Komponist mit der „Silbernen Ehrenmedaille vom Roten Kreuze mit der Kriegsdekoration“ ausgezeichnet.  Die Deutschmeister ernannten ihn zu ihrem Ehrenmitglied. 

 

Nach dem Krieg schloss sich Jurek den Sozialdemokraten an und war auch aktives Mitglied bei den Naturfreunden. 

 

Am 21. Juli 1921 begingen Wilhelm August Jurek und seine Gattin ihre silberne Hochzeit. Die Feier fand im engsten Familienkreis in Mariazell statt. 

 

Wilhelm August Jurek war auch künstlerischer Leiter und Vorstand des Fünfhauser Bundes. Als solcher veranstaltete er regelmäßig Künstlerabende. Neben unterschiedlichen Interpreten wurden natürlich auch die eigenen Nummern und auch die Schöpfungen seines Sohnes Willy zum Besten gegeben. Willy war inzwischen nämlich ebenfalls ein bekannter Komponist, der jedoch stets im Schatten seines Vaters blieb. 

 

1928 feierte Wilhelm August Jurek sein 40jähriges Komponistenjubiläum. Gleichzeitig wurde sein Deutschmeisterregimentsmarsch 35 Jahre alt. Beides wurde im Rahmen einer großen Feier im Sophiensaal gebührend gewürdigt.   

Wilhelm August Jurek

Überall wo Wienerlieder und Volksmusik zur Aufführung gelangten, durfte Wilhelm August Jurek nicht fehlen. Er trat oft gemeinsam mit Carl Wilhelm Drescher, Ludwig Gruber, Rudolf Kronegger, Ludwig Prechtl, Fritz Imhoff und sogar mit Carl Michael Ziehrer auf.  Das beliebteste und meist gespielte Lied von Wilhelm August Jurek blieb aber der Deutschmeister Regimentsmarsch. 

 

Seinen 60. Geburtstag feierte Wilhelm August Jurek in seiner Sommerfrische in St. Ägyd am Neuwalde. Kurze Zeit später absolvierte er eine Kur in Bad Gleichenberg. 

 

Im Dezember 1933 fand für den Komponisten des Deutschmeistermarsches ein Jubiläumsfest statt. Im Zuge dieser Feier überreichte Kanzler Dr. Engelbert Dollfuß dem Jubilar das silberne Verdienstzeichen Österreichs.  Wilhelm August Jurek war er sehr humorvoller Mensch. Kurze Zeit nach seiner Auszeichnung trug sich Folgendes zu: Eine Frau deutete auf Jurek und sagte zu ihrem sechsjährigen Buben: „Siagst, mit dem Herrn hat der Bundeskanzler Dollfuß g´sprochn." Darauf ihr Bub: „Ja, wann i 63 Jahr alt bin, wia der Herr, wird der Bundeskanzler Tollfuß a mit mir reden!" Dies erheiterte Jurek und er musste herzlich lachen. Gleichzeitig wünschte er dem Bundeskanzler, dass er diesen Tag noch erleben möge.  

 

Tod und letzte Ruhestätte

Parte Wilhelm August Jurek 1934

Ende März 1934 trat Wilhelm August Jurek noch als Dirigent seines Marsches auf. Er erkrankte danach an einem Katarrh und einer Lungenentzündung. In Folge davon starb er am 9. April 1934 im Alter von 64 Jahren. Kurz vorher hatten ihn noch die Vorsitzenden des Deutschmeisterbundes am Krankenlager besucht und die besten Genesungswünsche überbracht. Am 13. April wurde der Leichnam in der Halle 1 des Zentralfriedhofs aufgebahrt. Angeblich legte man die Originalpartitur des Deutschmeister-Marsches dem Verstorbenen in einer verlöteten Eisenkapsel in den Sarg. Die feierliche Einsegnung fand dann in der Karl Borromäus Kirche (früher Doktor Karl Lueger Gedächtniskirche genannt) am Zentralfriedhof statt. Am Begräbnis nahmen zahlreiche Mitglieder der Deutschmeister und anderer Kameradschaftsverbände, sowie Künstler und Vertreter diverser Vereine teil. Die Musikkapelle des Infanterieregiments Nr. 4 spielte Trauermusik. Es folgten unzählige Trauerreden.  Gemäß einer letztwilligen Verfügung Jureks, spielte die alte Deutschmeisterkapelle am offenen Grab dann den Deutschmeistermarsch. Seine letzte Ruhestätte fand Wilhelm August Jurek in einem ehrenhalber gewidmeten Grab. Dieses befindet sich in der Gruppe 31B, Reihe 12, Nummer 15, ganz in der Nähe von Tor 2. 

 

Das dort errichte Grabdenkmal wurde Ende Oktober 1934 im Rahmen einer feierlichen Zeremonie enthüllt und geweiht. Die Familie, zahlreiche Regimentskameraden und Freunde Jureks versammelten sich zu diesem Anlass am Grab. Auch eine Deutschmeisterkompagnie und die Deutschmeisterkapelle waren ausgerückt. 

Gedenktafel am Sterbehaus v. Wilhelm August Jurek in Wien 15, Dingelstedtgasse 16

Am 7. April 1935 wurde am Sterbehaus von Wilhelm August Jurek in der Dingelstedtgasse 16 im 15. Wr. Gemeindebezirk feierlich eine Gedenktafel mit Porträtrelief enthüllt. Entworfen und gefertigt wurde das Erinnerungsstück von den Architekten Felix Angelo Pollak und Emanuel Neubrunn. Die Inschrift lautet: "Wilhelm August Jurek, der Schöpfer des berühmten Deutschmeistermarsches, starb in diesem Hause am 9. April 1934. Errichtet vom Deutschmeisterbund und von der Bürgerschaft von Fünfhaus."

 

Am 9. Dezember 1938 wurde die Pereiragasse im 15. Wr. Gemeindebezirk in „Jurekgasse“ umbenannt.   

 

Am 25. Dezember 1946 starb Wilhelm Augusts Sohn, Willy Jurek, an den Folgen eines Schlaganfalls. Er wurde nur 49 Jahre alt. Wilhelm Augusts Ehefrau Lina starb im August 1953 und seine Schwiegertochter Friederike 1982. Sie alle ruhen im Grab von Wilhelm August Jurek am Wr. Zentralfriedhof (31 B/12/15)


Bildquellen:

  • Taufregister: Matricula Online
  • Gustav und Wilhelm August Jurek: Illustr. Kronen Zeitung v. 28. September 1906, Seite 9: Anno ONB
  • Deutschmeister-Uniformen:  Aus der New York Public Library und  Wikipedia
  • Deutschmeister-Denkmal: 1906 Verlag: Ledermann, ONB Ansichtskarten Online 
  • Wilhelm August Jurek: ÖNB digital
  • Deutsch-Meister-Regiments-Marsch: Wikimedia gemeinfrei
  • Entüllung der Gedenktafel am ehem. Casino: ONB digital
  • Haus des. ehem. Casionos und Gedenktafel: © DI Gerald Edelmann
  • Visitenkarte: Wienbibliothek digital
  • S´Hannerl vom Dreimäderlhaus: Wr. Neustädter Zeitung v 12. Mai 1923, Seite 4: Anno ONB
  • Geh mach dei Fensterl auf: Wienbibliothek digital
  • Wilhelm August Jurek: Wienbibliothek im Rathaus, Tagblattarchiv: Fotosammlung, TF-004861, Urheber: Karl Winkler, CC BY-NC-ND 4.0, Geschichte Wiki Wien 
  • Wilhelm August Jurek: CC0: Atelier Hans Dietrich & Co. (photo studio), ca. 1930, Wien Museum Inv.-Nr. 55057/103, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/en/object/409025/), Wienmuseum Online
  • Parte: Wienbibliothek digital
  • Begräbnis: Atelier Hans Dietrich & Co. (photo studio), Leichenbegängnis Wilhelm August Jurek im April 1934, Zentralfriedhof, 1934, Wien Museum Inv.-Nr. 55057/40, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/en/object/408492/), Wienmuseum Online
  • Einweihung des Grabdenkmals: Illustrierte Kronen Zeitung v. 30. Oktober 1934, Seite 4; Anno ONB
  • Ehrenwache am Grab: ÖNB digital 
  • Grab: © Karin Kiradi
  • Gedenktafel am Sterbehaus: © DI Gerald Edelmann

 

Quellen:

Kommentar schreiben

Kommentare: 7
  • #1

    Johannes-Maria Lex (Dienstag, 13 August 2024 14:13)

    Liebe Karin,
    Ich finde es großartig, wie akribisch du recherchierst und dann leicht lesbar und fesdelnd zu Papier bringst!

    Danke und liebe Grüße,
    Johannes

  • #2

    G.Steindl (Dienstag, 13 August 2024 17:10)

    Den Film kennt man natürlich und du hast hier die Geschichte von Herrn Jurek komplett erzählt. Wieder sehr informativ und interessant geschrieben. Danke �

  • #3

    Othmar E.R. PUSCH sen. (Dienstag, 13 August 2024 18:49)

    Spitze; wie immer !

  • #4

    Michael Horvath (Dienstag, 13 August 2024 20:01)

    Vielen herzlichen Dank für diesen Beitrag! Sehr informativ und interessant!
    Liebe Grüße,
    Michael Horvath

  • #5

    Harald S. (Mittwoch, 14 August 2024 14:30)

    Herzlichen Dank für diese großartig recherchierte Geschichte und für die Zeit die Du/Sie dafür aufgewendet haben! Bitte machen Sie weiter so! Danke!

  • #6

    Erich Lindenrün (Mittwoch, 14 August 2024 15:02)

    Liebe Karin!
    Auch deine 94. Geschichte ist wieder sehr interessant.
    Danke für deine Mühe
    Erich

  • #7

    Brandel Romi (Mittwoch, 14 August 2024 22:52)

    Herzlichen Dank für die wieder akribisch recherchierte Geschichte. Jetzt hab ich übrigens einen Ohrwurm :-))