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Ignaz Bösendorfer (1796-1859)

Gründer der Bösendorfer-Klaviermanufaktur

 

Herkunft und Jugend

Ignaz Bösendorfer

Ignaz Bösendorfer erblickte am 27. Juli 1794 in Wien „auf der Wieden Nr. 4“ das Licht der Licht. Seine Eltern waren der aus Bayern stammende Tischlermeister Jakob Bösendorfer (zeitweise auch „Besendorfer“ geschrieben) und dessen Ehefrau Martha Kiefer

 

Ignaz absolvierte seine ersten Lehrjahre in der Bautischlerei seines Vaters. Da er sich aber für Musik und den Klavierbau interessierte, schickte ihn sein Vater schließlich zu Joseph Brodmann in die Lehre.  Brodmann war ein bekannter Orgel- und Klavierbauer. Die Instrumente aus Brodmanns Werkstatt waren damals sehr beliebt. Brodmann galt als unübertroffener Spezialist für die Konstruktion von horizontalen Fortepianos. Seine Produkte waren überdies von gediegener Qualität. Ignaz Bösedorfer lernte rasch und machte große Fortschritte. 1815 erhielt er von der Wiener Akademie der Bildenden Künste den ersten Preis für Ornamentalzeichnung. Ignaz Bösendorfer galt als Brodmanns bester Schüler und wurde von diesem auch entsprechend gefördert. 

 

Das Unternehmen "Bösendorfer"

Als sich Joseph Brodmann zur Ruhe setzte, übernahm Ignaz Bösendorfer den Betrieb. Dazu musste er um entsprechende Genehmigungen ansuchen. Am 25. Juli 1828 erhielt er schließlich das Bürger- und das Meisterrecht. Damit durfte er das „Klaviermachergewerbe“ in einem eigenen Betrieb ausführen. Er startete mit einem Kapital von 500 Gulden und 2 Gehilfen. Zu Beginn firmierte Ludwig Bösendorfer noch unter dem Namen „Brodmann-Bösendorfer“. Doch schon bald trugen die Instrumente nur mehr seinen Namen. Anfangs produzierte Ignaz Bösendorfer 4 Klaviere im Jahr. Nach und nach steigerte er die Produktion. 1835 fertigte er bereits ca. 200 Stück im Jahr.  Einer der ersten von Ignaz Bösendorfer gebauten Flügel steht heute noch in  Kärnten im Stift Millstatt und wird noch immer regelmäßig für Konzerte verwendet.  Im Wien Museum befindet sich ein Hammerklavier von Ignaz Bösendorfer, das Franz Grillparzer gehörte. 

Grillparzers Klavier
Grillparzers Klavier

Wien galt als Metropole der Musik und der Kultur. Aber nicht nur Künstler und Musiker benötigten Instrumente. Auch die gehobene Mittel- und Oberschicht Wiens musizierte gerne und übte sich in der Hausmusik. Man richtete Klavierzimmer ein und veranstaltete Hauskonzerte.  Damit florierte in Wien auch das Handwerk der Klavierbauer. Bösendorfer musste sich gegen eine große Konkurrenz durchsetzen. Um 1825 gab es in Wien ca. 140 Klavierbauer. Zu Bösendorfers größten Konkurrenten gehörten die Unternehmen der Geschwister Nanette Streicher und Matthäus Andreas Stein.  Bösendorfer setzte von Anfang an sowohl bei der Verarbeitung, als auch beim Klang der Instrumente auf höchste Qualität.  Dazu zerlegte er etliche der damals berühmten französischen Erzeugnisse und studierte eingehend deren Konstruktion. Diese versuchte er mit der Wiener Mechanik (Prellmechanik) zu verbessern. Durch eine stärkere Bespannung erzielte er einen kräftigeren Ton. Bösendorfers Instrumente wurden in Künstlerkreisen bald hoch gelobt. Auf einem solchen handgefertigten Flügel spielte u.a. auch Johannes Brahms.  

 

Auch Franz Liszt wurde empfohlen, es doch einmal mit einem „Bösendorfer“ zu versuchen. Liszt war dafür bekannt, dass er seinen Klavieren während eines Konzertes arg zusetzte. Er schaffte es regelmäßig, die Musikinstrumente bis zur Unbrauchbarkeit zu ramponieren. Schuld daran war sein extravagantes Spiel. Liszt wurde bei seinen Konzerten daher auch immer von einem Klavierbauer begleitet. Dieser musste die beschädigten Flügel dann so gut es ging reparieren. Die Klaviere von Bösendorfer waren allerdings derart robust und stabil gebaut, dass sie Liszts Spiel unbeschadet überstanden. Diese Tatsache beeindruckte nicht nur Franz Liszt, sondern sprach sich auch rasch in der Wiener Gesellschaft herum und kurbelte die Nachfrage nach Klavieren aus dem Hause Bösendorfer weiter an. Nebenbei entwickelte sich dadurch auch eine tiefe Freundschaft zwischen Franz Liszt und Ignaz Bösendorfer. 

Franz Liszt spielt auf einem "Bösendorfer"

Auf der Industrieausstellung 1839 stellte Ignaz Bösendorfer einige seiner Instrumente aus. Seine Flügel erregten nicht nur wegen ihrer prachtvollen Ausgestaltung, sondern vor allem wegen ihres grandiosen Klanges, großes Aufsehen. Für diese hervorragenden Erzeugnisse erhielt Ignaz Bösendorfer die Goldmedaille. Ein Jahr später verlieh ihm Kaiser Ferdinand I. den Titel „k.k. Hofklavierverfertiger“. Diese große Ehrung befeuerte auch das Geschäft Bösendorfers. Die Nachfrage stieg rasant an und der Name „Bösendorfer“ wurde weit über die Grenzen des Landes hinaus bekannt. Klaviere aus der Werkstatt Bösendorfers wurden nach Deutschland, England, Italien, Russland, Brasilien und Ägypten exportiert. Ende 1850 erzeugte das Werk mehr als 3.000 Instrumente im Jahr. 

 

1842 spielte der 10jährige Anton Rubinstein anlässlich einer Konzertreihe im alten Musikvereinssaal in den Wiener Tuchlauben sein erstes Konzert auf einem Stein-Flügel. Die Kritiken in der Presse bemängelten die Qualität des Konzertflügels aufs Heftigste. Daraufhin wechselte Rubinstein auf ein Bösendorfer Instrument. Nun schrieb die Presse, dass „der Bösendorfer-Flügel zwar dem Steinschen in den höheren Oktaven an schönem Klang zwar nachstehe, aber durch die Gleichmäßigkeit der Tonqualität und dem kräftigen Bass als Konzertinstrument wesentlich besser geeignet sei“. Danach hielten Bösendorfers Erzeugnisse vermehrt in den Konzertsälen Einzug. 

 

1846 errang Ignaz Bösendorfer bei der Wiener Industrieausstellung seine zweite Goldmedaille. Er verstärkte weiterhin den Export und unternahm seine ersten Geschäftsreisen. Um den Bekanntheitsgrad einer Marke zu erhöhen, wurde es in der Branche allmählich üblich, Konzerte in den Ausstellungssalons der Klavierfabriken zu veranstalten. Auch Ignaz Bösendorfer stellte seine Räumlichkeiten für Privatkonzerte zur Verfügung. Von Zeit zu Zeit veranstaltete er auch Soirées, bei denen nicht nur anerkannte Meister, sondern auch Nachwuchskünstler auftraten. 

 

Nicht nur die Habsburger bezogen Klaviere von Bösendorfer, auch der Kaiser von Japan und der Zar von Russland gehörten zu Bösendorfers Kunden. 1853 wählte man Ignaz Bösendorfer in den Vorstand der Akademie der Tonkunst. Dort, als auch im Fachgremium „Kaiserlich-Königliche Kammer-Pianoforte-Verfertiger“, war sein Rat als Fachmann stets gefragt. 

 

1857 ließ Ignaz Bösendorfer eine neue Klavierfabrik in Neu-Wien Nr. 377 (heute: 9, Türkenstraße 9) erbauen. Sie wurde nach neuesten industriellen Gesichtspunkten ausgestattet. 1858 verlieh ihm Kaiser Franz Joseph noch den Titel des „k.k. Hof-Kammer-Pianoforte-Verfertigers“. Bösendorfer war damit der erste Klavierbauer, der diesen Titel tragen durfte.  Damit war ihm auch der Zutritt in die Privatgemächer der Habsburgerfamilie gestattet.  Die Einweihung seiner neuen Produktionsstätte erlebte Ignaz Bösendorfer allerdings nicht mehr. 

 

Familie, Tod und letzte Ruhestätte

Ignaz Bösendorfer war mit Franziska Hartl (1815-1892) verheiratet. Sie war die Tochter eines Gastwirtes am Strozzigrund. Die beiden hatten 3 Kinder:

  • Ludwig (1835-1919) ⚭  1. Cölestine Aichner v. Possbach (1838-1882)
                                                   2. Henriett Toth de Betso et Nagy Kurtis verw. Latinovits (1831-1908)
  • Adolf (1839-1904) 
  • Maria (1842-1919) ⚭ August Schönecker (1825-1875)

Die Familie wohnte in der Josefstadt Nr. 43 (heute Lenaugasse 7). Dort befand sich auch die Produktionsstätte, die Bösendorfer von Brodmann übernommen hatte. Später kaufte Ignaz auch das Haus Josefstadt Nr. 226 (heute Lenaugasse 10), in das die Bösendorfers dann übersiedelten. 

 

Zeitzeugen zufolge war Bösendorfer ein einfacher, ehrlicher, gerechter, herzlicher und offener Mensch. Seinen Freunden gegenüber war er großzügig. Die Künstler beschrieben ihn als äußerst nobel.

 

Ignaz Bösendorfer starb am 14.4.1859 im Alter von 63 Jahren an Leberentartung. Nach der Aufbahrung in der Wohnung in der Lenaugasse brachte man den Leichnam am Tag darauf in die Pfarrkirche Maria Treu zur Einsegnung. Im Anschluß trug man den Toten auf dem Schmelzer Friedhof zu Grabe. Seiner Familie hinterließ Ignaz ein beachtliches Vermögen von mehr als 145.000 Gulden.

Der älteste Sohn – Ludwig - trat in die Fußstapfen seines Vaters und übernahm im Alter von 24 Jahren die Klavierproduktionsfirma. (demnächst folgt ein eigener Beitrag über ihn) 

Werbeinserat Adolf Bösendorfer

 Sohn Adolf war ebenfalls in der Musikbranche tätig. 1868 gründete er mit Franz Xaver Glöggl die Musikalienhandlung „F.Glöggl & A.B.“ Bereits ein Jahr später lösten sie das Unternehmen auf und Adolf führte die Geschäfte unter eigenem Namen weiter. Sein Geschäft befand sich in der Herrengasse 6. Einige Jahre später hatte Adolf auch einen Musikverlag. 1877 wurde sein Unternehmen aufgeteilt. Den Verlag führte er kurze Zeit noch selbst weiter. Die Musikalienhandlung übernahmen Rudolf Bußjäger und Theodor Rättig. Den Verlag verkaufte Adolf schließlich an Vinzenz Kratochwill. Mit seinem Konkurs verliert sich die Spur von Adolf Bösendorfer. Er starb am 11.8.1904 im Alter von 65 Jahren in Mainz

 

Tochter Maria heiratete Adolf Schönecker. Der Bräutigam war Oberstleutnant in der österreichischen Armee und zählte zu den geachtetsten Persönlichkeiten des Offizier-Corps. Noch vor der Hochzeit ließ er sich vom Heeresverband pensionieren. Die beiden wohnten in der Türkenstraße Nr. 2. Adolf Schönecker spekulierte an der Börse und beteiligte sich an div. Projekten, wie z.B. dem „Central-Bauverein“. Leider gingen viele dieser Unternehmen bankrott und damit verlor auch Adolf Schönecker sein Vermögen. Da ihn seine Gläubiger bedrängten, wurde seine Lage immer misslicher. Als schließlich ein Wechsel in der Höhe von 27.000 Gulden fällig wurde und er diesen Betrag nicht auftreiben konnte,  trieben ihn seine finanziellen Probleme im Alter von 50 Jahren zum Selbstmord.  August Schönecker jagte sich am 29. Oktober 1875 mit einer Pistole eine Kugel ins Herz.  Davor sagte er zu seinem Bediensteten: „Ich habe keinen Freund mehr auf dieser Erde, nur dich!“ Dann schickte er ihn mit einem Brief zu seinem Bruder. Als dieser das Abschiedsschreiben las, eilte er sofort in die Wohnung seines Bruders, fand ihn aber nur mehr tot vor. Damit wurde Maria mit nur 33 Jahren Witwe. Adolf Schönecker wurde am Schmelzer Friedhof bestattet. 

Grab Ignaz Bösendorfer am Zentralfriedhof in Wien

Die Witwe von Ignaz Bösendorfer, Franziska Bösendorfer starb am 9.4.1892 im Alter von 77 Jahren an Altersschwäche. Die feierliche Einsegnung der Leiche fand in der Votivkirche statt. Auf Wunsch der Familie fand die Leichenfeier in aller Stille statt. Außer Franziskas Kindern Ludwig und Maria wohnten nur die intimsten Freunde, wie etwa Kapellmeister Eder und Klavierfabrikant Streicher, sowie die Beamten des Bösendorfer-Unternehmens der Zeremonie bei. Da seit 1874 am Schmelzer Friedhof keine Bestattungen mehr gestattet waren, wurde der Leichnam von Franziska Bösendorfer am Wiener Zentralfriedhof zur letzten Ruhe gebettet. Die Beerdigung organisierte das Bestattungsunternehmen Concordia. Die Gruft befindet sich in der Gruppe 41A /G1/13. Das ist ganz in der Nähe der Ehrenhaingruppe 40.  

 

Kurze Zeit später ließ die Familie am 30. April die sterblichen Überreste von Ignaz Bösendorfer und seinem Schwiegersohn August Schönecker am Schmelzer Friedhof exhumieren und im neuen Familiengrab am Zentralfriedhof beisetzen. In diesem Grab fand schließlich auch die Tochter von Ignaz und Franziska, Maria Schönecker, im April 1916 ihre letzte Ruhestätte. Sie starb am 21. April 1916. 


Bilder:

  • Ignaz Bösendorfer: Wikipedia  
  • Franz Grillparzer Klavier (ehemals im Besitz von), Ignaz Bösendorfer (Klavierfabrikant), Bösendorfer Hammerklavier, 1825–1845, Wien Museum Inv.-Nr. Grillparzer 131, CC BY 4.0, Foto: Birgit und Peter Kainz, Wien Museum 
  • Franz Liszt am Bösendorfer: ONB digital 
  • Parte Ignaz Bösendorfer: Fremden-Blatt v. 15. April 1859, Seite 7 - Anno ONB
  • Sterbematrikel Ignaz Bösendorfer: Matricula online
  • Inserat Adolf Bösendorfer: Wienbibliothek 
  • Grab Zentralfriedhof: © Karin Kiradi

Quellen:

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Kommentare: 1
  • #1

    Romi Brandel (Mittwoch, 19 Juli 2023 05:43)

    Wieder ein sehr interessanter Artikel. Ich freu mich schon auf die Fortsetzung.
    Liebe Grüsse Romi Brandel