Die berühmte Koloratursängerin Selma Kurz war verheiratet mit dem bedeutenden Gynägologen Dr. Josef Halban, der aus der k.k. Hutmacherfamilie Blumenstock bzw. Halban stammte.
Selma Halban-Kurz (1874-1933)
Herkunft und Jugend
Selma wurde am 15.10.1874 in Biala in Galizien als Tochter des jüdischen Kaufmanns Wilhelm Kurz und seiner Frau Ernestine Matzner geboren. Die Familie lebte in ärmlichen Verhältnissen. Selma war schon sehr früh als Schneiderin tätig. Als die Familie nach Bielitz zog, fiel dem Kantor der Synagoge ihres Wohnortes die besonders gute Stimme der 16jährigen Selma auf. Er wurde ihr erster Gesangslehrer. Die Ortsbewohner sammelten sogar für Selma Geld, damit sie 1891 zu einem Vorsingen zu Johann Gänsbacher nach Wien fahren konnte. Dieses verlief erfolgreich. Gänsbacher unterrichtete zwar keine Frauen, schrieb ihr aber einige wichtige Empfehlungsschreiben. Eines davon führte sie in das imposante Schloss Totis des Fürsten Nicholas IV. Esterházy de Galántha. Er erklärte sich bereit, ihren Unterricht bei dem bedeutenden Vokalpädagogen Johannes Ress in Wien zu bezahlen. Am 25.3.1895 debütierte Selma bei einem Schülerkonzert ihres Lehrers im Festsaal des Kaufmännischen Vereins. Zweimal jährlich sang sie auch in Esterházys Schloss bei Opernaufführungen. Im Jänner 1896 trat sie im Wiener Bösendorfersaal im Rahmen eines Konzertes des belgischen Cellisten Jean Gérardy auf.
Selmas Künstlerkarriere
Nachdem Selma ihr Gesangsstudium bei Ress beendet hatte, gab sie am 25.4.1896 gemeinsam mit dem Cellisten Josef Sulzer ihr erstes Konzert in ihrer Heimatstadt. Im September darauf erhielt sie ein Engagement an der Frankfurter Oper. Im Frühjahr 1898 holte sie Gustav Mahler an die Wiener Hofoper. Hier wurde sie zum ausgesprochenen Publikumsliebling. Sie zählte bald zu den größten Koloratursopranistinnen ihrer Zeit und war berühmt für ihre außergewöhnlich langen Triller. Die Leute brachten sogar Stoppuhren mit, um die Länge ihrer Triller sekundengenau messen zu können.
1903 wurde Selma zur Kammersängerin ernannt. Kaiser Franz Joseph besuchte sehr oft ihre Vorstellungen und war ein großer Bewunderer ihrer Kunst.
In Wien sang Selma jede erdenkliche Rolle. Ihre berühmtesten Partien waren die „Königin der Nacht“, die Königin in den „Hugenotten", die Rosina im „Barbier", usw. Unter anderem war sie auch an den Uraufführungen von Gustav Mahlers „Des Knaben Wunderhorn“ und Richard Strauß' „Ariadne auf Naxos“ beteiligt. Auch im Konzertsaal war die Künstlerin sehr beliebt. Richard Strauß, der sich sehr für die Künstlerin einsetzte, schrieb für Selma sogar eigene große Koloraturkadenz. Neben ihren Opernauftritten verkörperte Selma auch zahlreiche Rollen in Operetten.
Aber auch im Ausland feierte Selma große Erfolge. Sie gab Gastspiele in London, Paris und Deutschland und trat bei den Salzburger Festspielen auf. Ihre Tourneen führten sie durch Europa, Nordafrika und Asien. Sehr oft erhielt sie auch Angebote von der Metropolitan Opera in New York. Aber erst 1921 segelte sie schließlich nach Amerika. Dort trat sie dann allerdings nur ein einziges Mal im New Yorker Hippodrom auf. Sie erlitt vermutlich einen Herzinfarkt und die Tour musste abgesagt werden. Nach ihrer Rückkehr nach Wien folgte eine lange Rekonvaleszenz. Sie konnte danach ihren Beruf zwar wieder ausüben, aber ihre Stimme hatte durch die Erkrankung merklich gelitten.
1926 erhielt sie das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich.
Im Feber 1927 trat Selma zum letzten Mal in der Staatsoper auf und zog sich dann aus gesundheitlichen Gründen von der Bühne zurück. 1929 ernannte man sie zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper.
Ihr letzter öffentlicher Auftritt fand im September 1932 gemeinsam mit ihrer Tochter in der Mödlinger Kirche, bei der Taufe von Erzherzog Stefan (1932–1998), Sohn von Erzherzog Anton und Prinzessin Ileana von Rumänien, statt. Obwohl sie bereits todkrank war, sang sie hier der Großmutter des Babys - Königin Marie von Rumänien - zuliebe. Die beiden waren lange Zeit enge Freundinnen gewesen.
Die Stimme Selmas ist auf zahlreichen Schallplatten der Nachwelt erhalten geblieben. Auch beim Film trat sie zweimal in Erscheinung. Zum einen in der Opernaufzeichnung "La Traviata" und in Johann Strauss "An der schönen blauen Donau".
Privates
Im Jahr 1900 entspann sich zwischen Selma und Gustav Mahler eine kurze Liebesbeziehung. Die beiden trafen sich u.a. auch heimlich in Venedig. Die Beziehung musste geheim bleiben, da die Hofoper damals ihren Mitgliedern nicht erlaubte, untereinander zu heiraten. Wie man von Mahlers späterer Frau Alma weiß, hätte Mahler auch nie geduldet, dass seine Frau berufstätig bleibt. Selma entschied sich allerdings für ihre Karriere und beendete die private Beziehung zu Mahler.
Am 4. Dezember 1910 heiratete Selma dann den Professor für Gynäkologie Josef Halban (1870-1937). Die Trauung fand im Rathaus statt. Als Trauzeugen fungierten der Schwager der Braut, Josef Borger, der Sekretär der Allgemeinen Montangesellschaft und für den Bräutigam der Hofhutfabrikant Josef Damask. Selma nahm bei der Hochzeit den Doppelnamen Halban-Kurz an. Die Braut trug schwarzen Samt und Hut, der Bräutigam kam im Gehrock und Zylinder. Die Brautleute spendeten zu diesem Anlass 1.000 K für die Armen Wiens ohne Unterscheidung der Konfession. Anschließend verbrachten sie ihre Hochzeitsreise in St. Moritz.
Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor:
- Desiree (Dési) (1912-1996)
- George (1915-1998)
Aufgrund seiner Verdienste auf wissenschaftlichem und auch auf pädagogischem Gebiet erhob Kaiser Karl I. Josef Halban 1917 in den erblichen Adelsstand, womit auch Selma das "von" im Namen tragen durfte. Mit dem österreichischen Adelsaufhebungsgesetz von 1919 wurde dieser Zusatz jedoch wieder gestrichen.
In Wien kursierte nach der Nobilitierung folgender Witz: "Du, hast du schon gehört? Die Kurz ist jetzt "von Halban"" – "Ach ja? Und ich dachte, sie ist von Bielitz!"
Die Familie Halban-Kurz wohnte im 1. Bezirk, in der Löwelstraße 8. Ihre Wohnung richtete 1913 der Architekt Adolf Loos für sie ein.
Tod, letzte Ruhestätte und Skandal um das Grabmal
Selma Halban-Kurz hatte eine lange Leidensgeschichte. Zu einem Herzleiden gesellte sich auch noch Krebs. Schließlich erlag sie am 10. Mai 1933 einer Lungenentzündung. Sie starb in ihrer Wohnung in der Löwelstraße im Kreis ihrer Familie.
2 Tage später wurde sie in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof begraben. Ihre letzte Ruhestätte befindet sich in Gruppe 14C, Nr. 8, unweit von Tor 2.
Josef Halban wollte für seine verstorbene Frau ein besonderes Grabmal errichten. Deshalb beauftragte er den Bildhauer Fritz Wotruba mit der Gestaltung. Dieser legte der zuständigen Behörde einen Entwurf zur Begutachtung vor. Darauf war eine liegende Frau mit nacktem Oberkörper zu sehen, die in Untersberger Marmor gefertigt werden sollte. Die Magistratsabteilung beanstandete damals nur die geplante Einfassung der Grabanlage. Nach einer entsprechenden Abänderung des Plans genehmigte die Behörde den Bau. Das Grabdenkmal wurde dann relativ rasch errichtet. Aber schon bald gab es heftige Reaktionen in der Öffentlichkeit. Manche Friedhofsbesucher fanden, dass das Grabmal unsittlich sei, zumal es sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Grab des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers, Prälat Dr. Ignaz Seipel befand. Die Beschwerden der Bevölkerung wurden derart vehement, dass sich die Friedhofsverwaltung gezwungen sah, die nackte Gestalt mit einem Sackleinen zu verhüllen. Es gab auch diverse Schreiben, in denen damit gedroht wurde, das Grabmal sprengen zu wollen. Auch etliche hochrangige Persönlichkeiten sprachen sich dafür aus, dass das Grabmal entfernt werden sollte. Die nackte Frauengestalt wurde dann auch zum Spielball der politischen Parteien. Der neue Bürgermeister im Dollfuß-Regime, Richard Schmitz, ordnete an, dass der Magistrat für die sofortige Entfernung der Figur zu sorgen habe. Daraufhin erhielt Josef Halban die Anordnung, das Grabmal auf eigene Kosten ehebaldigst zu entfernen. Zwischenzeitig verschwand der Stein des Anstoßes unter einem Verschlag aus Holz. Josef Halban weigerte sich allerdings der Aufforderung der Behörde nachzukommen. Zum einen führte er die hohen Kosten, die das Kunstwerk gekostet hatte, ins Treffen, zum anderen berief er sich auf die von der Behörde erteilte Genehmigung. Ein Kompromiss, den Körper der Figur mit Efeu zu kaschieren, kam ebenso nicht zustande, wie auch ein Angebot der Gemeinde zur anteiligen Kostenübernahme nicht angenommen wurde. Mittlerweile wurde der Druck aber auch kleiner, da der Leichnam von Dr. Seipel im Herbst 1934 in die fertiggestellte, als "Gedächtniskirche" eingerichtete Christkönigskirche im 15. Bezirk überführt wurde. Das Grabmal von Selma Halban-Kurz überdauerte so die Zeit unter der provisorischen Verhüllung. 1939 lösten die Nationalsozialisten den Gedächtnisort für Dr. Seipel und Dollfuss in der Christkönigskirche auf und die sterblichen Überreste von Dr. Seipel kehrten in ihr ursprüngliches Grab neben Selma Halban-Kurz zurück. Mittlerweile nahm niemand mehr Anstoß am Werk von Fritz Wotruba. So ziert die liegende Frauenfigur noch heute das Grab. Es gilt mittlerweile als eines der herausragenden künstlerischen Werke am Zentralfriedhof.
Josef von Halban (1870-1937)
Die Herkunftsfamilie
Josef stammte aus der jüdischen Kaufmannsfamilie Blumenstock und wurde am 10. Oktober 1870 als erstes von 7 Kindern von Philipp Blumenstock (1840-1907) und Anna Damask (1850-1901) in Wien geboren. Seine Geschwister waren:
- Gebhard (1872-1920) ⚭ Melanie Ortner (1876-1952)
- Olympia genannt Mizzi (*1874) ⚭ Maximilian Adolf Winternitz
- Maria Anna (*1878) ⚭ Dr. Ernst Gross (1874-1940)
- Franz (*1880)
- Margarethe (*1883) ⚭ Rudolf Sommer
- Lilly (*1886) ⚭ Erich Mauthner
Der Vater führte eine Hutmacherfabrik, die später Josefs Bruder Gebhard weiterführte. Josefs Onkel Heinrich Blumenstock (1845-1902) war ein bedeutender Beamter und mit Maria Adler (1855-1904), der Schwester von Viktor Adler, dem Gründer der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, verheiratet. Heinrich wurde 1890 zum “Ritter Blumenstock von Halban“ geadelt. Ab 1893 nannte er sich nur mehr „Heinrich Ritter von Halban“. Gleichzeitig erhielt sein Bruder, Josefs Vater Philipp, die Genehmigung, den Namen der Familie ebenfalls in „Halban“ umzuändern. So wurde auch aus Josef Blumenstock – „Josef Halban“.
Josef trat wie sein Bruder Gebhard bereits 1890 aus der mosaischen Glaubensgemeinschaft aus. Der Rest der Familie tat diesen Schritt erst 1905. Gewohnt hat die Familie im 2. Bezirk, in der Dammstraße 39, wo auch die „k. u. k. Hofhutfabrik Halban & Damask“ ihren Sitz hatte.
Der Mediziner
Josef studierte an der Universität Wien Medizin, wo er 1894 promovierte. Schon während seines Studiums und auch danach arbeitete er in der „Anatomie“ bei Emil Zuckerkandl und der in der „Inneren Medizin“ bei Herrmann Nothnagel.
1895 bis 1897 war er dann Operationszögling an der l. Chirurgischen Universitäts-KIinik unter Eduard Albert. In diese Zeit fiel auch ein 1/2jähriger Studienaufenthalt u.a. am Institut Pasteur in Paris. Ab 1898 war er Assistent an der I. Universitäts-Frauenklinik unter Friedrich Schauta.
1903 erhielt Josef die Lehrberechtigung für Geburtshilfe und Gynäkologie. 1909 bekam er den Titel eines außerordentlichen Professors verliehen. Im gleichen Jahr wurde er Primar der gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses Wieden. Diese Stellung behielt er bis zu seinem Tod.
Josef Halban war auch wissenschaftlich äußerst aktiv. Er wurde einer der großen österreichischen Gynäkologen und Geburtshelfer und beeinflusste nachhaltig das Fachgebiet der Gynäkologie. Sein Name ging mit etlichen seiner Entdeckungen und Erkenntnisse in die Geschichte ein. Josefs Hauptarbeitsgebiet war die damals erst im Entstehen begriffene gynäkologische Hormonlehre. Er konnte z.B. nachweisen, dass die Menstruation auf einem hormonalen Vorgang beruht, der von den Eierstöcken ausgeht. Bis dahin galt die „Nerventheorie“. Diese besagte, dass ein Nervenreflex in einem Eierstock die Menstruation auslöst. Ebenso erkannte Josef die Bedeutung der hormonellen Funktion der Plazenta für die Produktion von Muttermilch. Er entdeckte auch einen Bindegewebsraum im weiblichen Beckenboden, der nach ihm „Halban-Faszie“ benannt wurde. Er beschäftigte sich weiters mit der Haarwuchssteigerung als sichtbares Zeichen einer Schwangerschaft. Seither spricht man vom „Halbanschen Schwangerschaftszeichen“.
Josef Halban publizierte insgesamt 151 wissenschaftliche Abhandlungen, wie z.B. das Lehrbuch „Gynäkologische Operationslehre" oder „Ovar und Menstruation“. Viele Veröffentlichungen verfasste er gemeinsam mit bedeutenden Medizinern. So entstand „Biologie und Pathologie des Weibes" gemeinsam mit Ludwig Seitz. „Topographie der weiblichen Harnleiter“ und „Genitalprolaps bei Frauen“ schrieb er mit dem Anatomen Julius Tandler. Nach dem 2. gemeinsamen Buch soll die ursprüngliche Freundschaft der beiden Mediziner allerdings in Feinseligkeit umgeschlagen sein. Einige Arbeiten über serologische Untersuchungen, die die Unterschiede des Blutserums einer Mutter und ihres Fötus behandelten, entstanden gemeinsam mit dem späteren Nobelpreisträger Karl Landsteiner.
Josef Halban war Ehrenmitglied der Berliner Gynäkologischen Gesellschaft und Ehrenmitglied des American College of Surgeons.
Prozesse
Prof. Dr. Halban war auch in div. Prozesse verwickelt. So stand er einmal wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit vor dem Strafbezirksgericht. Josef war mit seinem Auto durch die Singerstraße gefahren. Dabei war er auf den Gehsteig geraten und hatte eine Passantin gestreift, die dabei leicht verletzt worden war. Josef erklärte, dass er deshalb auf den Gehsteig geraten sei. weil er die Kurve zu spät eingeschlagen hatte. Er bestritt aber, an die Frau angekommen zu sein. Nach Einvernahme der Verletzten und eines Passanten wurde Josef schuldig gesprochen und zu 100 Schilling Geldstrafe verurteilt.
Ein anderes Mal stand der Universitätsprofessor als Angeklagter vor dem Bezirksgericht, weil eines seiner Stubenmädchen eine Ehrenbeleidigungsklage gegen ihn eingebracht hatte. Josef hatte sein Stubenmädchen Grete Sch. in Gegenwart von Kriminalbeamten des Diebstahls bezichtigt. Er vermisste nämlich einige wertvolle Pelze. Anstatt danach zu suchen, lief er aber geradewegs zur Polizei. 6 Wochen später fand man die Pelzstücke im Pelzkasten seiner Frau. Aber anstatt sich beim Stubenmädchen zu entschuldigen, legte er noch eines drauf und meinte, dass bereits einige Male Geld seiner Kinder weggekommen sei und er der Bediensteten auch schon Diebsfallen gestellt hätte. Es wäre also nur logisch gewesen, dass er sie für schuldig halten musste. Josef wurde in diesem Fall freigesprochen, weil sein Verdacht lt. Gerichtsurteil durchaus begründet gewesen sei.
1938, also bereits nach Josefs Tod, fand schließlich ein Prozess statt, bei dem eine seiner Patientinnen auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in der Höhe von 40.000 Schilling klagte. Die Klägerin, Frau Margarete T., war im Oktober 1935 wegen eines Myoms von Josef operiert worden. Noch am selben Tag wurde ein 2. Eingriff vorgenommen, weil eine Kompresse im Leib der Patientin vergessen worden war. Als die Patientin das Sanatorium verließ, traten allerdings neuerlich eine starke Eiterung und hohes Fieber auf. Josef verordnete ihr daraufhin Bestrahlungen, die allerdings ohne Wirkung blieben. Daraufhin holte die Patientin den Rat eines anderen Arztes ein. Dieser vermutete sofort einen Fremdkörper im Körper der Leidenden. Eine sofortige Operation bestätigte den Verdacht. Unter der Bauchdecke befand sich eine Kompresse in der Größe eines Quadratmeters samt Nickelring. Das Bemerkenswerte an diesem Fall ist, dass Josef keine Röntgenuntersuchung bei der Patientin vorgenommen hatte. Er selbst ist nämlich der Erfinder einer Methode, bei der alle Kompressen mit einem Nickelring versehen werden. Dadurch kann mit einer Röntgenuntersuchung sofort festgestellt werden ob ev. Kompressen im Körper eines Patienten zurückgeblieben sind. Nach diesem Vorfall leitete die Staatsanwaltschaft eine Strafuntersuchung gegen Josef ein. Das Verfahren wurde jedoch mit Josefs Tod eingestellt. Die Frau, die jahrelang an den Folgen dieses Fehlers zu leiden hatte, klagte dann die Verlassenschaft Josefs, also seine Kinder. Diese versuchten, die Verantwortung auf die Assistenzschwester abzuwälzen. Der Prozess endete schließlich mit einem Vergleich. Die Beklagten verpflichteten sich, der Klägerin 14.000 Reichsmark zu bezahlen.
Persönliches und Tod
Aufgrund seiner Verdienste auf wissenschaftlichem und auch auf pädagogischem Gebiet erhob Kaiser Karl I. Josef Halban 1917 in den erblichen Adelsstand. Er wurde damit zu "Josef Ritter von Halban".
1924 verlieh die Republik dem Frauenarzt den Titel „Hofrat“.
Josef erlitt während eines Telefonats einen tödlichen Herzinfarkt, an dessen Folgen er am 23.04.1937 verstarb. Bereits einige Zeit davor war er wegen einer Grippe rekonvaleszent gewesen. Am 26. April wurde sein Leichnam im Ehrengrab seiner Frau Selma am Wr. Zentralfriedhof beigesetzt.
1969 benannte man im 12. Bezirk die "Halban-Kurz-Gasse" nach der Opernsängerin Selma Kurz und ihrem Gatten, dem Gynäkologen Josef Halban. 1983 strich man diese Gasse wieder aus dem Verkehrsflächenverzeichnis und bezog sie in die Zanaschkagasse ein. Als Ersatz wurde im 23. Bezirk die "Halban-Kurz-Straße" nach der Opernsängerin benannt.
Tochter Desiree (Dési) (1912-1996)
Dési von Halban wurde am 10. April 1912 in Wien geboren. Wie ihre Mutter hatte sie eine besonders schöne Stimme und wurde ebenfalls Sängerin.
1932 sang sie gemeinsam mit ihrer Mutter in der Mödlinger Kirche. Ihr erstes Engagement hatte sie in Graz. Ab 1934 trat sie im Wiener Konzerthaus auf. Sie sang auch an der Wiener Staatsoper und gab Gastspiele in diversen Ländern.
Während eines Auftrittes in Schloss Nijenrode in der Nähe von Amsterdam lernte sie im Frühjahr 1937 den Besitzer des Anwesens, den verwitweten holländischen Kunsthändler Jacques Goudstikker (1897-1940) kennen. Goudstikker hielt ein großes Fest ab, das unter der Patronanz zahlreicher prominenter österreichischer und holländischer Persönlichkeiten stattfand. Noch im selben Jahr, am 24.12.1937 heirateten Dési und Jacques. Kurz danach nahm Dési ihren Abschied von der Bühne und übersiedelte in die Niederlande. 1939 wurde der gemeinsame Sohn Eduard geboren. († 1996 in den USA)
Nach der Okkupation der Niederlande durch die Nationalsozialisten musste die Familie 1940 flüchten. Auf der Schiffsfahrt Richtung Amerika, ereignete sich im Ärmelkanal ein großes Unglück. Jacques ging an Deck, um eine Zigarette zu rauchen und kehrte nicht mehr zurück. Dési bat dann den Kapitän, ihn zu suchen. Aus Sicherheitsgründen war das Schiff komplett abgedunkelt. Einer der Matrosen des Suchtrupps stürzte durch eine Deckluke und verletzte sich das Rückgrat. Dass er bei dem Sturz nicht tödlich verunglückte, verdankte er nur dem Umstand, dass er auf die Leiche von Jacques Goudstikkers fiel. Dieser war vorher durch dieselbe Luke gestürzt und hatte sich das Genick gebrochen. Der Kapitän fuhr daraufhin Falmouth an, um den verletzten Matrosen ins Krankenhaus zu bringen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Leiche von Jacques beerdigt. Dési wanderte mit ihrem Sohn über Kanada in die USA aus, wo sie als Sängerin ihren Lebensunterhalt verdiente.
1946 kehrte Dési nach Holland zurück, um sich um die Rückgewinnung ihres Eigentums zu kümmern. Jacques Goudstikker hatte vor der Auswanderung eine Liste von 1.241 Kunstwerken aus seinem Besitz anlegen lassen, die er in Form eines schwarzen Ringbuchs bei sich getragen hatte und mit dem Dési nun nach den Bildern suchte.
1950 heiratete sie den zweimal geschiedenen Anwalt August Edward von Saher (1890-1973). Ihr Sohn Eduard nahm ebenfalls den Namen "von Saher" an.
In den 1960er Jahren kam Selmas Sohn Eduard als GI nach Deutschland, wo er seine spätere Frau Marei Langenbein kennenlernte. Sie war eine Eiskunstläuferin, die bei Holiday on Ice auftrat. Ihre gemeinsame Tochter Charlene von Saher (*1974) wurde später eine britische Eiskunstläuferin.
Dési starb am 12. Februar 1996 im Alter von 83 Jahren in Bilthoven in den Niederlanden.
Sohn Georg(e) (1915-1998)
Georg kam am 14.7.1915 in Wien zur Welt. Als Kind wurde er Rudolf genannt. Später erst verwendete er seinen ersten Namen „George“.
Nach dem Dienst in der österreichischen Kavallerie emigrierte er vor Ausbruch des Krieges nach Amerika. Dort wurde er kurz als Soldat nach Pearl Harbor eingezogen. Er wurde als einer der jüngsten Majors der US Army im Zweiten Weltkrieg und im Koreakrieg hoch dekoriert.
Später war er Dozent für Taktikfragen an der Panzerschule in Fort Knox, danach Generalstabsoffizier und fünf Jahre lang offizieller Militärberater beim türkischen Generalstab in der Osttürkei. Danach kehrte er wieder zurück nach Europa, wo er sich dem Studium der Geschichte an der Universität München widmete und einige Romane schrieb. Werke aus seiner Feder sind z.B. „Operation Fuchsjagd“, „Malik der Wolf“ oder „Unternehmen Alaska-Pipeline“.
Georg starb am 25.5.1998 im Alter von 82 Jahren.
Bildquellen:
- Selma Kurz: Wikipedia
- Selma als Opernsängerin: ONB Digital
- Selma auf der Bühne: ONB Digital
- Selma Halban-Kurz: Geni
- Programmblätter: ONB Digital
- Selma Halban-Kurz: ONB Digital
- Familie Halban-Kurz im Wohnzimmer: "Die Bühne" Heft 233 S. 32, v. 1929, Anno ONB
- Todesanzeige Selma Halban-Kurz: Geni
- Grabmal: ©Karin Kiradi
- Josef Halban: OeBl
- Josef Halban: Thieme
- Josef Halban: ONB Digital
- Zeitungsausschnitt: Illustrierte Kronen Zeitung v. 26. August 1917, Seite 7, Anno ONB
- Todesanzeige Josef Halban: Geni
- Dési Halban: Theatermuseum
- Dési Halban: Wikipedia
Quellen:
- Selma Kurz: Wikipedia
- Musiklexikon
- Mahlerfoundation
- Selma Kurz: Geschichte Wiki WIen
- Uni-Graz
- Uni Frankfurt
- Lehman
- Wienbibliothek
- Martin Schlu
- Hochschule für Musik Hannover
- Kotte Autographs
- Cyranos
- Josef Halban: Geschichte Wiki Wien
- Josef Halban: Wikipedia
- Josef Halban: Oebl Biographie
- Josef Halban: Deutsche Biographie
- Geni
- Thieme
- Kindergynäkologie
- "Richard Strauss und die Juden"v. Dietrich Kröncke
- Halban-Kurz-Gasse: Geschichte Wiki Wien
- "Die Zeit" v. 5. Dezember 1910, Seite 2, Anno ONB
- "Das kleine Blatt" v. 18. Oktober 1928, Seite 9, Anno ONB
- "Das interessante Blatt" v. 6. Januar 1938, Anno ONB
- "Salzburger Chronik für Stadt und Land" v. 18. Oktober 1937, Seite 7, Anno ONB
- "llustrierte Kronen Zeitung", v. 12. Oktober 1935, Seite 10, Anno ONB
- "Illustrierte Kronen Zeitung" v. 5. Dezember 1910, Seite 8, Anno ONB
- "Neues Wiener Tagblatt" v. 10. Mai 1933, Seite 17, Anno ONB
- " Kleine Volks-Zeitung" v. 13. Juni 1934, Seite 5, Anno ONB
- "Der Morgen" Wiener Montagblatt, v. 18. Juni 1934, Seite 5, Anno ONB
- "Kleine Volks-Zeitung" v. 8. Februar 1938, Seite 11, Anno ONB
- "Kleine Volks-Zeitung" v. 7. Juli 1939, Seite 10, Anno ONB
-
"Neues Wiener Tagblatt" v. 24. Dezember 1937, Seite 30, Anno ONB
-
"Neue Freie Presse" v. 25. April 1937, Seite 23, Anno ONB
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