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k.u.k. Hutmacherfamilie Blumenstock bzw. Halban

Der Gründer Philipp Blumenstock (1840-1907)

Philipp Blumenstock stammte aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie aus Krakau. Er war das 5. Von 11 Kindern von Salomon Blumenstock (1812-1891) und Gitel Kopelik (1810-1889) und wurde am 29. März 1840 in Krakau geboren. Sein 5 Jahre älterer Bruder Heinrich heiratete Maria Adler, die Schwester von Viktor Adler, dem Gründer der sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Heinrich war ein bedeutender Beamter im Reichsrat. Philipp wurde auch „Pinkus Löbel“ genannt. Der Name Pinkus stammte vermutlich von seiner Großmutter väterlicherseits (Pinchas). Am 26. Dezember 1869 heiratete Philipp Anna Damask (1850-1901).  Aus dieser Ehe gingen 7 Kinder hervor:

  • Josef (1870-1937) Gynäkologe Selma Kurz (1874-1933) Opernsängerin
  • Gebhard (1872-1920) ⚭ Melanie Ortner (1876-1952)
  • Olympia genannt Mizzi (*1874) ⚭ Maximilian Adolf Winternitz (1860-1934)
  • Maria Anna (*1878) ⚭ Dr. Ernst Gross (1874-1940)
  • Franz (*1880)
  • Margarethe (*1883) ⚭ Rudol Sommer
  • Lilly (*1886) ⚭ Erich Mauthner 
Hut von Halban & Damask

Philipp arbeitete als gelernter Hutmacher. Vorerst erzeugte er seine Hüte noch rein manuell. Philipp gilt aber als ein Mitbegründer der österreichischen Hutindustrie. 1887 gründete er die Hutfabrik P. Blumenstock. Später nahm er seinen Schwiegervater Josef Damask als Gesellschafter in die Firma auf. Der Betrieb hieß dann „Blumenstock & Damask“.

 

Namensänderung und Konvertierung zum christlichen Glauben  

Philipps Söhne Josef und Gebhard traten 1890 aus der mosaischen Glaubensgemeinschaft aus und konvertierten zum Christentum. Im selben Jahr wurde Philipps Bruder Heinrich als „Ritter Blumenstock von Halban“ geadelt.  Ab 1893 ließ Heinrich den Namensteil „Blumenstock“ weg und nannte sich nur mehr „Heinrich Ritter von Halban“. Gleichzeitig erhielt Philipp von der Statthalterei die Genehmigung, seinen Familiennamen in „Halban“ umzuändern.

Halban & Damask

Somit hießen nicht nur alle Familienmitglieder fortan Halban, auch die Hutfirma wurde umbenannt. Weiters bekam die Firma die Erlaubnis, den kaiserlichen Adler in Schild und Siegel führen zu dürfen. Seinen Sitz hatte der Betrieb an der Wohnadresse der Halbans, im 2. Bezirk, in der Dammstraße 39 und hieß dann „k. u. k. Hofhutfabrik Halban & Damask“. Die Kreationen der Firma waren auch im Ausland sehr gefragt.  

 

Philipp wurde sowohl von seinen Branchenkollegen, als auch von seinen Arbeitern sehr geschätzt.  Um die österreichische Hutindustrie erwarb sich Philipp große Verdienste. Im Oktober 1898 erhielt das Unternehmen ein Patent auf ein neuartiges Verfahren für das Formen bzw. Faconieren der Ränder von steifen Hüten. 1890 hatten sie sich schon ganz besondere Hutschachteln patentieren lassen.

Am 01. Dezember 1901 starb Philipps Gattin Anna nach schwerer Krankheit. Sie wurde in der israelitischen Abteilung des Zentralfriedhof begraben. 1905 traten die restlichen Familienmitglieder, wie zuvor schon Josef und Gebhard, aus der mosaischen Glaubensgemeinschaft aus. 

 

Nicht einmal 2 Jahre später, am 8. Feber 1907 starb Philipp nach langem Leiden im Alter von 67 Jahren. Sein Leichnam wurde in der Pfarrkirche zu St. Brigitta feierlich eingesegnet und dann am Zentralfriedhof in der Familiengruft zur ewigen Ruhe gebettet. Ende Mai wurden auch die sterblichen Überreste seiner Frau Anna hierher umgebettet. Das Grab befindet sich in der Gruppe 72B /G1/43, in der Nähe von Tor 11. 

Die 2. - Generation Gebhard Halban (1872-1920) - Streik

Die Führung des Hutmodengeschäftes ging an Philipps 2. Sohn, Gebhard Halban, über. Der Erstgeborene, Josef Halban wurde ein bedeutender Gynäkologe und war mit der Opernsängerin Selma Kurz verheiratet. Gebhards sechs Geschwister wurden Kommanditisten des Unternehmens. Gebhard war verheiratet mit Melanie (Mela) Ortner (1876-1952), mit der er einen Sohn – Karl (1902-1953) - hatte.   

Rechnung der Hutfabrik Halban & Damask

Um die Jahrhundertwende hatten die Arbeiterorganisationen eine Macht erlangt, die zeitweise seltsame Blüten trieb. 1898 trug sich in der Hutfabrik Halban & Damask folgendes zu:

 

Herr Damast stellte 2 Arbeiter ein, die kein Mitglied der Gewerkschaft waren. Die Arbeiterzeitung veröffentlichte daraufhin einen Hetzartikel, in dem sie dies anprangerte, zumal die Firma versprochen hatte sich nur der gewerkschaftlichen Arbeitsvermittlung zu bedienen. Es wurde auch eine dadurch drohende Lohnverkürzung für die Arbeiter als Gefahr in den Raum gestellt. Herr Damask stellte dazu klar, dass er zwar versucht hatte über die Stellenvermittlung des Fachverbandes geeignetes Personal zu finden, allerdings keiner der vermittelten Personen den Anforderungen entsprach. In der konkreten Situation brauchte Herr Damask vier Mitarbeiter, die in der Lage waren, neuartige, aus England importierte Maschinen zu bedienen. 2 Arbeiter vermittelte ihm der Verband der Hutmacher, weitere 2, die nicht in der Gewerkschaft waren, fand Hr. Damask am freien Markt. Er stellt sie ein, weil sie bereits Erfahrung mit derartigen Maschinen hatten. Als diese beiden Kräfte ihren Dienst in der Firma antraten, wurden sie von den Arbeitskollegen, die allesamt in der Gewerkschaft organisiert waren, derart brutal schikaniert, so dass sie nach kurzer Zeit um ihre Entlassung baten. Gebhard Halban versuchte die Wogen zu glätten und entließ einen Arbeiter, der sich ihm gegenüber frech verhalten hatte. Die beiden angefeindeten Arbeiter musste er ebenfalls schweren Herzens ziehen lassen. Am Tag darauf erschienen die Arbeiter der Firma nicht zur Arbeit und übergaben Herrn Damask ein Memorandum, in dem sie u.a. eine Lohnerhöhung forderten. Anführer der Partie war ein gewisser Koloman 

Todesanzeigen Gebhard Halban

Kaiser, der aber gar nicht bei  "Halban & Damask“ beschäftigt war.  Er rief noch vor einer Verhandlung mit den Firmeninhabern den Streik aus. Arbeiter, die sich nicht am Streik beteiligten wollten, wurden von Streikposten mit Drohungen und teils Handgreiflichkeiten am Betreten des Firmengeländes gehindert. Die Firmenleitung zeigte sich diesen Mitarbeitern sehr großzügig und zahlte ihnen ihren Lohn für die Dauer des Streiks weiter. Die streikenden „Hardliner“ wurden entlassen und neue Kräfte eingestellt, so dass die Produktion nach einiger Zeit wieder aufgenommen werden konnte.

 

1916 löste Gebhard seinen Geschwistern deren Anteile ab. Zwei Jahre später übernahm er auch den Anteil des Gesellschafters Josef Damask und wurde damit Alleininhaber der Firma.

 

Am 15. Jänner 1920 starb Gebhard nach langem schwerem Leiden im Alter von nur 48 Jahren in Baden/Wien. Er wurde in der Familiengruft am Zentralfriedhof bei seinen Eltern beigesetzt.  

 

Die 3. Generation Karl Halban (1902-1953) – Autounfall und Insolvenz

Zylinder von Halban & Damask

Durch den Tod seines Vaters musste Karl 1920 im Alter von erst 18 Jahren die Fabrik seines Vaters übernehmen.

 

Im Juli 1923 hatte die Familie einen schweren Autounfall. Die Familienmitglieder machten sich in mehreren Wägen von Wien auf den Weg zum Semmering. Dort wollten sie mit Freunden zusammentreffen und zu Mittag speisen. Zu der damaligen Zeit waren die Straßen noch unbefestigt. Durch das schöne Wetter waren viele Ausflügler unterwegs und ihre Gefährte wirbelten dichten Staub auf. In einem der Autos saßen Karl Halban mit seiner Tante Lilly Mauthner und einem Freund der Familie, Ludwig Goldschmidt, sowie Karls Chauffeur. Den Wagen lenkte allerdings Karl selbst. Der Chauffeur saß neben ihm. Durch die Sichtbehinderung übersah Karl einen zu weit in die Straße ragenden Prellstein. Bei Aufprall überschlug sich das Auto und alle Insassen wurden in den Straßengraben geschleudert. Der Chauffeur von Karl Halban erlitt dabei so schwere Verletzungen, dass er auf dem Transport ins Spital verstarb. Die anderen Unfallbeteiligten kamen mit mehr oder minder schweren Verletzungen davon. Im nachkommenden Wagen saß u.a. Karls Mutter Melanie.

 

Karl war verheiratet mit Hildegard Winter (1910-1999). Die Ehe blieb vermutlich kinderlos.

 

Die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Zeit machten Karl große Sorgen. Das Unternehmen hatte mit immer größeren finanziellen Problemen zu kämpfen und musste bald Insolvenz anmelden.  Nach Abschluß eines gerichtlichen Ausgleiches 1923 errichtete Karl eine Hutfabrik in Wiener-Neudorf.  Doch auch dieser Rettungsversuch schlug fehl und 1927 kam es neuerlich zu einem Insolvenzverfahren. Beim Ausgleichsverfahren wurden auch die Haftungen von Karls Mutter Anna schlagend, die für ihren Sohn gebürgt hatte. Gewohnt hat die Familie zu der Zeit im 9. Bezirk, in der Porzellangasse 39. 

 

Karl starb im August 1953 im Alter von 50 Jahren. Seine letzte Ruhestätte befindet sich ebenfalls in der Familiengruft am Zentralfriedhof 72B/G1/43. Das Grabnutzungsrecht besteht zwar auf Friedhofsdauer, aber der Grabstein ist aus Sicherheitsgründen umgelegt worden. Ich finde es sehr schade, dass solche Gräber „verkommen“. 


Bildquellen:

 

Quellen:

  • Geni
  • Familie Blumenstock: ICS
  • Austria Forum
  • Unfall: Neue Freie Presse v. 9. Juli 1923, Seite 6, Anno ONB  
  • Konkurs: "Die Stunde" v. 13. April 1927, Seite 4, Anno ONB 
  • Umbenennung: Wiener Zeitung v. 17. Januar 1894, Seite 18, Anno ONB 
  • Ostdeutsche Rundschau v. 18. Februar 1894, Seite 5, Anno ONB  
  • Neuartiges Verfahren: Wiener Zeitung v. 19. Dezember 1899, Seite 22, Anno ONB 
  • Wiener Zeitung v. 27. September 1891, Seite 19, Anno ONB  
  • Ausgleich: "Die Stunde v. 21. Juni 1927", Seite 9, Anno ONB 
  • Tod Philipp: "Die Arbeit v. 8. Februar 1907, Seite 6, Anno ONB
  • Wiener Zeitung v. 9. Juli 1923, Seite 6, Anno ONB  
  • Streik: "Die Arbeit" v. 28.Juli 1898, Seite 5, Anno ONB
  • Die Arbeit v. 11. August 1898, Seite 4, Anno ONB 
  • Kleine Volks-Zeitung v. 14. Mai 1929, Seite 13, Anno ONB 
  • Neues Wiener Journal v. 16. Mai 1929, Seite 19, Anno ONB  
  • Wiener Morgenzeitung v. 8. Juli 1927, Seite 10, Anno ONB  

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