Hofzinser war ein Finanzbeamter, der zaubern konnte. Er gilt als Pionier der Zauberkunst, vor allem auf dem Gebiet der Kartenkunststücke und der Salonmagie.
Herkunftsfamilie und Kindheit
Johann Nepomuk wurde am 19.6.1806 in Landstraße, einem damaligen Vorort von Wien, geboren. Seine Mutter wurde dort, angeblich während eines Verwandtenbesuchs, von den Geburtswehen überrascht. Johann Nepomuks Eltern hießen Leopold († 1817) und Maria Theresia Magdalene Hofzinser. Der Vater war der Besitzer eines Seiden- und Kurzwarengeschäfts „Zum Schwarzen Adler“ am Graben. Die Mutter war die Tochter eines k.k. Garderobiers und Kleidermachers. Johann hatte noch 3 ältere Brüder:
- Leopold Franz-Xaver
- Franz-Xaver Fidelis
- Karl Josef
Die Familie wohnte in der Seilergasse Nr. 1154. Leopold und Karl führten später das Geschäft des Vaters weiter.
Es wurde eines der angesagtesten Modehäuser dieser Zeit. Die anspruchsvolle Dame fand dort alles was in den Modemetropolen der Welt gerade nachgefragt wurde. Von der Schürze bis zum Soiréekleid, von Accessoires bis zu modernsten Seidenstoffen und Mänteln gab es dort alles in bester Qualität.
Franz Xaver schlug eine militärische Laufbahn ein. Er wurde durch ein dreibändiges Werk über Pferdedressur und -pflege bekannt.
Die Hofzinsers waren mit der Familie Döbler entfernt verwandt. Mit ihnen verbrachten sie um 1815 gemeinsam die Sommerfrische im Sauerhof in Baden bei Wien. Der Sohn der Döblers, Ludwig Döbler (1801–1864), machte später als Zauberkünstler eine Weltkarriere. Während des Urlaubs in Baden dürfte Ludwig mit seinen Kunststücken beim jüngeren Johann Nepomuk die Faszination und Liebe zur Zauberei entfacht haben.
Johann Nepomuk besuchte eine Klasse des Akademischen Gymnasiums. Vermutlich erhielt er danach Privatunterricht. Durch die Geschäftsbeziehungen seines Vaters beherrschte er auch die italienische Sprache. Von der Militärbehörde wurde er als Mann mit zartem und hagerem Körperbau, schwacher Brust und Blähhals beschrieben. Einen Hochschulabschluss erlangte er nie. Nach seiner Pensionierung nannte er sich allerdings "Dr. Hofzinser" und verwendete die Titel „Doktor der Philosophie und Professor der Experimentalphysik“ als Künstlernamen.
Beruflicher Werdegang
Anfangs arbeitete Johann Nepomuk im Geschäft seiner Familie mit. Nach dem Tod seines Vaters führten die beiden Brüder Leopold und Karl mit der Mutter das Unternehmen weiter. Johann Nepomuk machte dort noch eine Lehre, schlug dann aber eine Beamtenlaufbahn ein. Er legte am 4. Juli 1825 den Amtseid ab und wurde Praktikant bei der Tabak-Gefällenverwaltung. Das war eine Finanzdirektion, die für indirekte Steuern zuständig war. 1839 wechselte er in die Allgemeine Hofkammer (=Finanzministerium), wo er als „Registrant“ arbeitete. Diese von ihm betriebene Versetzung diente vor allem seiner künstlerischen Karriere. Hier konnte er sich, bei einem Minimum an Arbeitsverpflichtung und gesicherter Existenz, seiner Leidenschaft widmen. Graf Johann Philipp von Stadion, der Leiter der Hofkammer, galt als Förderer künstlerisch begabter Menschen. Ein Kollege Johann Nepomuks war Franz Grillparzer. Auch er konnte sich in diesem geschützten Rahmen künstlerisch entfalten. Nach Graf Stadion wurde übrigens 1874 die "Stadiongasse" im 1. Wiener Gemeindebezirk benannt.
Johann Nepomuk Hofzinser arbeitete mehr als 25 Jahre lang in der Hofkammer. Seine Beamtenlaufbahn endete im Jahr 1865 mit seiner Pensionierung.
Privatleben
Am 21. September 1854 führte der 48-jährige Johann Nepomuk Hofzinser die 27jährige Wilhemine Bergmann (1827-1900) in der Pfarrkirche Mariahilf zum Traualtar. Wilhelmine war die uneheliche Tochter von Anna Bergmann aus Wien. Berichten zufolge war Wilhelmine eine charmante, schöne und sehr intelligente Blondine. Die Ehe blieb kinderlos. Wilhelmine unterstützte ihren Ehemann bei seinen Aktivitäten und wurde schließlich auch selbst zur praktizierenden Künstlerin.
Komponist, Schriftsteller und Theaterkritiker
1827 erschienen im Musikverlag Diabelli unter dem Namen „Jean Hofzinser“ 7 kleine Walzer. Diese Komposition widmete Johann Nepomuk dem Dichter Ferdinand Raimund. Ein Jahr später veröffentlichte er erste Gedichte in Zeitungen und schrieb seine ersten Konzertkritiken. Er schrieb vorwiegend für die „Wiener allgemeine Theaterzeitung“. Er verfasste aber auch Gedichte über damals prominente Musiker und Schauspieler, wie z.B. über die Tänzerin Fanny Elsner, den Konzertmeister Johann Strauss Vater, den Dichter Johann Nestroy oder den Komponisten Franz Liszt. 1828 wurde Johann Nepomuk Berater für Carl Carl, den damaligen Direktor des Theaters an der Wien. Durch diese Tätigkeit lernte Hofzinser auch viele berühmte Künstler und Persönlichkeiten im In- und Ausland kennen. So machte er z.B. auch Bekanntschaft mit dem italienischen Zauberkünstler Bartolomeo Bosco (1793-1863). Dieser gilt als einer der ersten Vertreter einer „ehrlichen Magie“, d.h. einer Abkehr von Mystifizierung und Aberglaube hin zur Unterhaltungskunst. In der Wiener Presseszene galt Hofzinser bald als Experte für Zauberer und die Zirkusszene.
Hier eine Kostprobe einer Komposition Hofzinsers für Violine und Klavier:
Zauberkünstler
Obwohl Johann Nepomuk Hofzinser kein Berufskünstler, sondern „nur“ ein Amateurzauberer war, gilt er in Fachkreisen auf der ganzen Welt als der größte Kartenmagier und als unvergleichlicher Zauberkünstler. Er vollbrachte nicht nur die schwierigsten Zauberkunststücke der Berufszauberer, sondern fand selbst neue Wege und erfand eine Reibe ganz origineller Kunststücke, die die Zauberkunst geradezu revolutionierten. Hofzinser wandte sich von den üblichen Kunststücken ab, bei denen das Hauptrequisit der Doppelboden war und der Effekt der Sinnestäuschung durch Mitwirkung geheimer Assistenten erzielt wurde. Er verschrieb sich ganz der Psychologie, der Sinnestäuschung und der Fingerfertigkeit beim Vollführen der Kunststücke.
Schon in den 1840er Jahren war Hofzinser in der Wiener Gesellschaft auch als Zauberkünstler bekannt. Er versuchte alles, um in den Zeitungen präsent zu sein und Aufmerksamkeit zu erregen. Unter anderem nahm er 1853 an einer Ballonfahrt der Gebrüder Goddard über Wien teil.
Zu dieser Zeit waren Salons ein beliebter Treffpunkt der Wiener Gesellschaft. Es gab bereits Salons der Zauberkünstler Bosco und Döbler. 1857 eröffnete schließlich auch Johann Nepomuk einen Salon. Da er als Beamter zwar Nebentätigkeiten nachgehen durfte, ihm aber Werbung mit seinem Namen nicht erlaubt war, führte seine Gattin den „Salon Wilhelmine Hofzinser“.
Das Etablissement befand sich an deren Wohnsitz in der Wollzeile 789 (heute 36), im 2. Stock. Heute ist an dieser Adresse das Kabarett Simpl untergebracht. Die Vorstellungen trugen den Titel „Eine Stunde der Täuschung". Der Eintrittspreis für die Vorstellung war bewusst hoch gehalten. Die teuersten Plätze kosteten 2 Gulden, was damals für weite Teile der Bevölkerung unerschwinglich war. Aber nicht nur das Ambiente des Raumes, der ausgestattet war mit bequemen Fauteuils, künstlerischen Gemälden und reichem Blumenschmuck, zielte auf gehobenes Publikum ab. Das gesamte Programm bot eine bisher nicht dagewesene anspruchsvolle Show.
Das Programm teilte sich in 2 Hälften mit insgesamt 10 Programmpunkten. Im ersten Teil wurden vor allem Kartenkunststücke geboten. Dabei legte Johann Nepomuk Wert darauf, dass all seine Täuschungen mit natürlichen Mitteln geschehen. Während andere Zauberkünstler, wie z.B. Anton Kratky-Baschik, ihre Darbietungen mit populären Tönen begleiteten, war der Vortrag von Johann Nepomuk originell, exquisit und voller Poesie. Er legte großen Wert auf elegante und natürliche Atmosphäre. Seine Texte wirkten improvisiert, waren aber immer gut vorbereitet. Er nutzte die Macht der Pausen bei Vorträgen, sowie die Effektivität psychologischer Tricks.
Beispielsweise setzte er seinen Blick zur Betonung von Nebensächlichkeiten ein, um die Aufmerksamkeit des Publikums von der eigentlichen Trickhandlung abzulenken. Durch diese Maßnahmen konnte er trotz der Nähe des Publikums die erstaunlichsten Kunststücke unentdeckt vorführen. Dadurch wird er auch heute noch als „Vater der Salonmagie“ bezeichnet.
Ähnlich wie es Nestroy in seinen Theaterstücken tat, unterlegte auch Johann Nepomuk Hofzinser seine Darbietungen mit doppeldeutigen, gesellschaftspolitischen und sozialkritischen Bonmots. Seine mannigfaltigen Erfindungen wie der Rosenspiegel, das wunderbare Kartenspiel, Überall und Nirgends, Denken und Vergessen, der Tintenpokal, der Liebesbrunnen und die Laterne des Diogenes sind nur einige seiner unzähligen auch heute noch vorgeführten Experimente.
Im zweiten Teil des Programms erregte das Ehepaar Hofzinser mit einem Mentalkunststück Aufsehen. Wilhelmine Hofzinser trat dabei als eine Art Hellseherin bzw. Gedankenleserin auf.
Von November bis April fanden bis zu 4x pro Woche Vorführungen statt. Dieser Zeitraum wurde in so genannte „Zyklen“ gegliedert. Am Ende eines Zyklus gönnte sich das Ehepaar eine Pause von mehreren Tagen oder Wochen. Diese Zeit nutzten sie auch, um das Programm zu verändern und neue Kunststücke einzubauen. Hofzinser gab aber auch oft Benefizvorführungen für Arme und Soldaten.
Durch die Stadterweiterung und den Abbruch der Bastei suchte die Familie Hofzinser einen neuen Standort für ihre Darbietungen. Schließlich bezogen sie 1861 in der Himmelpfortgasse Nr. 953 (heute 15) ihren neuen Salon. Doch schon 1862 übersiedelten sie in einen Prachtbau in die Walfischgasse Nr. 8, der im Zuge des Ringstraßenbaus neu errichtet worden war. Die Räumlichkeiten wurden auch extern weitervermietet und etwa für Lesungen genutzt. Doch der Bau der Oper und der damit verbundene Baustellenlärm und -staub bewegten das Ehepaar Hofzinser zu einer neuerlichen Übersiedlung. 1865 zogen sie am Fleischmarkt im Hotel „Stadt London“ ein. Es war die letzte Spielsaison im "Salon Wilhelmine Hofzinser". Mit Johann Nepomuks Pensionierung 1865 gewann er neue Freiheiten. Diese Möglichkeiten nutzte er auch ausgiebig. Als "Doktor Hofzinser" gastierte der Magier in weiten Teilen Österreich-Ungarns, war aber auch in München, Berlin und Breslau zu sehen. Er trat vorzugsweise in diversen Kurorten und Heilbädern der Österreichischen Monarchie auf.
Tod und letzte Ruhestätte
Johann Nepomuk Hofzinser starb nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 69 Jahren am 11.3.1875 in der Zirkusgasse 14 an Leberentartung. Drei Monate zuvor hatte er am Silvesterabend 1874/75 noch für den Klub der Wiener Kaufleute seine letzte Vorstellung abgehalten. In einigen Quellen wird fälschlicherweise berichtet, dass er nach jahrelanger Krankheit in ärmlichen Verhältnissen dahinsiechte.
Die feierliche Einsegnung der Leiche fand in der Pfarrkirche St. Johann in der Praterstraße statt. Dieser wohnten zahlreiche Freunde und Bekannte des Verblichenen bei. Beerdigt wurde er am Zentralfriedhof in der Gruppe 4/Reihe2/16. Das liegt ungefähr auf halbem Weg zwischen Tor 1 und Tor 2. Durch eine Initiative Ottokar Fischers wurde das Grab 1916 von der Stadt Wien zum ehrenhalber gewidmeten Grab erklärt. Doch auch auf dem Grabstein hat sich ein Fehler eingeschlichen: Johann Nepomuk Hofzinser wurde nicht, wie hier irrtümlich zu lesen ist, am 19.07., sondern am 19.06.1806 geboren.
Angeblich verfügte Hofzinser testamentarisch, dass sein gesamter magischer Nachlass vernichtet werden soll. Wahrscheinlicher ist, dass die Witwe sich nach und nach von den nicht mehr benötigten Dingen trennte. Vorerst gerieten die Kunststücke Hofzinsers aber erst einmal in Vergessenheit. Hofzinser hatte aber einige seiner Lieblingsschüler in die Geheimnisse seiner Kunststücke eingeweiht. Einer dieser Schüler war Georg Heubeck. Dieser gab die Geheimnisse wiederum an Ottokar Fischer weiter. Fischer sammelte alles über Hofzinser und brachte schließlich die zwei Bücher „Kartenkünste“ (1910) und „Zauberkünste“(1942) heraus. Diese gelten noch heute als Grundlage für viele Themen der Zauberei. Sie dienen auch als Gedankenanstöße speziell für Kartenkünstler in aller Welt. Auch der Zauberkünstler Magic Christian schrieb 3 Bände über Hofzinser.
Ein Jahr nach dem Tod Hofzinsers heiratete Wilhelmine 1876 ihren langjährigen Verehrer, den Wiener Universitätsprofessor Dr. August Biela. Sie überlebte auch ihren zweiten Ehemann und starb schließlich am 11. Mai 1900.
Namensgeber
1933 stiftete der deutsche Zauberkünstler Robert Farchmin den „Johann Nepomuk Hofzinser-Gedächtnisring“. Dieser wird an Zauberkünstler verliehen, die sich mit hervorragender Leistung auf dem Gebiet der Zauberkunst hervortun.
Im Jahr 1978 wurde in Wien-Ottakring (16. Bezirk) die „Hofzinsergasse“ nach dem großen Zauberkünstler benannt.
Bildquellen:
- J.N. Hofzinser: il castello di carte
- F.X. Hofzinser: Kulturpool
- J.N. Hofzinser: Wikimedia
- Wilhelmine Hofzinser: Hofzinser-Info
- Zeitungsannonce: ANNO / Österr. Nationalbibliothek: Fremden-Blatt 10.1.1857, Seite 7
- Programm: Wienbibliothek
- J.N. Hofzinser mit Kartenspiel: Bildarchiv ÖNB
- J.N. Hofzinser: Artefake
- Grab Hofzinsers: © Karin Kiradi
Quellen:
- Wikipedia
- Hofzinser-Info
- Geschichte Wiki Wien
- Zauber-Pedia
- Biographien OEBL
- Turkmagic
- APA
- Geocaching
- Artefake
- Der Standard v. 16.1.2007
- Trickbox
- Wienbibliothek
- Gedächtnisring: Wikipedia
- Anno / ÖNB "Morgen-Post" v. 12. März 1875, Seite 3
- Anno / ÖNB "Das Vaterland" v. 16. März 1875, Seite 3
- Lehmann online
Es sind noch keine Einträge vorhanden.