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Dr. Max Friedländer (1829-1872)

Journalist, Gründer der "Neuen Freien Presse"

Max Friedländer war ein bedeutender Journalist, der zuerst bei August Zangs "Die Presse" tätig war und dann die "Neue Freie Presse" gründete. 

 

Herkunft und Jugendjahre

Dr. Max Friedländer

Maximilian (Max) Friedländer wurde am 18. Juni 1829 (am Grabstein ist abweichend davon das Jahr 1830 als Geburtsjahr angegeben) in Pleß (Polen) geboren. Seine Eltern waren der wohlhabende jüdische Fabrikant Moritz Wolff Friedländer (1796 -1868) und dessen Gattin Philippine Oppenheim (1805-1887). Max hatte noch 7 Geschwister. 

• Ferdinand (1810-1868) später „Ritter von Friedland“

• Friederike verh. Baum (1824-1880)

• Wilhelm (1833-1868)

• Julius (1834-1892) war Stadtrichter

• E.G. Fridolin (1835-1854)

• Emilie verh. Paul (1837-1904) war Sanitätsrätin

• Victor (*1838) war Sanitätsrat

 

Philippine Oppenheim war die Schwester von Rosalia Oppenheim. Diese wiederum war die Mutter des Schriftstellers, Politikers und Wortführers der frühen deutschen Arbeiterbewegung, Ferdinand Lassalle (1825-1864). Die Familie Oppenheim änderte ihren Namen in Lassalle. Wann das genau war, ließ sich nicht eruieren.  Demnach war Max der Cousin von Ferdinand Lassalle. Dieser hatte auch noch eine Schwester namens Friederike. Ferdinand Friedländer, der Bruder von Max, heiratete Friederike, also seine Cousine.  Die Ehe wurde später allerdings geschieden. 

 

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Schulpforta studierte Max an den Universitäten Breslau, Heidelberg und Berlin Rechtswissenschaften und promovierte zum Dr. jur. 1848 macht er erstmals als Journalist auf sich aufmerksam. Er verfasste eine Broschüre über den Studententag in Eisenach.  

 

Zeitungsausschnitt aus Die Bombe mit Bild Max Friedländers

Journalist

Obwohl Max bis 1856 im Breslauer Stadtgericht als Justizbeamter tätig war, betätigte er sich nebenbei auch als Redakteur der "Neuen Oder-Zeitung" und als Korrespondent von Wiener Blättern. Sein klarer Stil und die Kunst, komplizierte Zusammenhänge verständlich und niveauvoll darzustellen, machten ihn rasch bekannt.  Er beklagte sich auch sehr über seine Vorgesetzten und zwang sie förmlich ihn zu entlassen. 

 

1856 kam Max nach Wien und wurde Mitarbeiter bei der von August Zang geleiteten Tageszeitung "Die Presse". Nach Meinungsverschiedenheiten mit Zang gründete Max Friedländer 1864 gemeinsam mit Michael Etienne und Adolph Werthner die "Neue Freie Presse". Wobei Max Friedländer der schöpferische Geist von ihnen war. Die erste Ausgabe ihrer Zeitung wurde am 1. September 1864 aufgelegt. Die „Neue Freie Presse“ erschien 2x täglich und wurde bald das populärste Blatt der Monarchie. Die Zeitung vertrat eine deutsch-konstitutionelle Einstellung. Max setzte sich für den parlamentarischen Zentralismus ein.  Eine Besonderheit in der "Neuen Freien Presse" war die Rubrik "Economist" im volkswirtschaftlichen Teil der Zeitung. Max Friedländer forcierte das Feuilleton der Zeitung und installierte Fachblätter auf der 4. Seite des Abendblattes.

 

Der Schriftsteller Karl v. Thaler beschrieb Max Friedländer so: "Sein Benehmen hatte etwas eigentümlich Schroffes und Eckiges. Liebenswürdig war er, zumindest Fremden gegenüber, nicht. Allerdings besaß Friedländer eine Arbeitskraft, wie es nur ganz wenigen Menschen gegeben ist. Um seine Leistungen zu vollbringen, brauchte er viel Verstand, kaltes Blut und einen eisernen Körper. Er war täglich der Erste im Büro und der Letzte der es verließ. Er hielt die Leitung des volkswirtschaftlichen Teiles fest in der Hand, redigierte das Feuilleton persönlich, kümmerte sich um jede Personal- und Theaternotiz und inspirierte seine Mitarbeiter nach allen Seiten hin. Er behielt auch stets die Übersicht über alles. Aber er war zugleich auch ein tüchtiger Publizist und führte eine scharfe Feder. Seine Artikel zeichneten sich durch übersichtliche Klar­heit und durch allgemeine Verständlichkeit aus.  In der Redaktion war er in der Regel sehr schweigsam. Hie und da plauderte über eine interessante Neuigkeit.  Überflüssiges Reden hasste er allerdings."  

Palais Friedländer

Ab 1869 war Max Friedländer Präsident des "Deutschen Journalistentages" und von 1865 bis 1867 Vizepräsident des Journalisten- und Schriftstellervereins "Concordia".  

 

 Palais Friedländer

Das Gebäude in der Fichtegasse 11 im 1. Wiener Gemeindebezirk erhielt die Bezeichnung "Palais Friedländer", weil sich hier die Redaktion der "Neuen Freie Presse" befand.  Der Bau des Hauses erfolgte um 1869 durch den Architekten Carl Tietz. Zu dieser Zeit waren 500 bis 600 Mitarbeiter beschäftigt. Dazu zählten auch 80 bis 100 Korrespondenten im Ausland. 

 

Gründer des Stadttheaters (= später Ronacher) 

Theater Ronacher in Wien

1870 beschloss Max Friedländer gemeinsam mit Heinrich Laube, in Wien ein bürgerliches Theater in der Seilerstätte zu errichten. Es sollte neben den Hoftheatern das gute Schauspiel pflegen und dabei frei von der Zensur sein. Friedrich Schey, Freiherr von Kormola war einer ihrer wichtigsten Geldgeber und unterstützte die Gründung einer entsprechenden Gesellschaft. 1872 wurde das Theater schließlich nach Plänen von Ferdinand Fellner des Älteren erbaut. In der Loggia waren Marmorstandbilder Shakespeares, Goethes und Schillers angebracht. Der Theatervorhang stammte von Hans Makart. 1884 kam es allerdings zu einer Tragödie: Das Theater brannte vollständig aus. Die geltenden strengen Feuerschutzbestimmungen, die nach dem Ringtheaterbrand 1874 erlassen worden waren, ließen einen Wiederaufbau nicht zu. 1886 erwarb Anton Ronacher die Brandruine und ließ das Theater unter Erhaltung der Fassade von Fellner und Helmer zu einem Varietétheater umgestalten. Es erhielt den Namen „Etablissement Ronacher“ und umfasste einen Theatersaal, einen Ballsaal, ein Hotel, ein Restaurant und ein Kaffeehaus.  

Max Friedländer

Familie

Max Friedländer heiratete 1863 die Schauspielerin Regina Delia (1840-1894). Vorerst stieß die Ehe auf Hindernisse, da Regina nicht von ihrer Religion lassen wollte. Max konvertierte dann vom Judentum zum Protestantismus. Seine Braut wirkte 1858/59 erfolgreich am Burgtheater und danach am Wiener Carltheater. Ab 1860 hatte sie ein Engagement in Pest. Sie war auch Verfasserin mehrerer Erzählungen. Nach der Heirat gab sie ihren Beruf auf.  Im Salon Friedländer fanden ab und zu aber auch Privataufführungen statt. So gab die Hausfrau gemeinsam mit Alexander Girardi z.B. 1887 im hauseigenen Salon den einaktigen Schwank „im Zeitungsverschleiß" zum Besten.  

 

Reginas Schwester war die Schauspielerin Hermine Delia, die mit dem österreichischen Theaterschauspieler und Intendanten Emil Claar verheiratet war. 

Privat war Max Friedländer ein ganz anderer Mensch als in der Redaktion. Zu Hause war er ein liebender Gatte und zärtlicher Familienvater. Max war etwas prunkliebend und verschwenderisch und liebte die Geselligkeit von großen Gesellschaften. Sein Heim war mit viel Pracht, aber geschmackvoll eingerichtet. Oft waren die Finanzbarone bei ihm zu Gast. Bei solchen Anlässen erfreute Max auch immer wieder mit seinem schlagfertigen Humor. 

 

Aus der Ehe gingen 4 Kinder hervor: 

• Alice, verh. von Hertberg du Pasquier (1863-1912)

• Philippine, verh. Freiin von Lapenna (1865-1895)

• Helene (Nelly) Friedländer (1868–1891) war Schriftstellerin, schrieb Gedichte 

• Felix (1870-1940) 

Todesanzeige Dr. Max Friedländer

Tod und letzte Ruhestätte   

Max Friedländer hatte längere Zeit mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen und befand sich noch kurz vor seinem Tod auf einer mehrwöchigen Kur in Nizza. Dadurch wird in einigen Quellen fälschlicherweise Nizza als Sterbeort angeben. Tatsächlich verstarb Max am 20. April 1872 im Alter von nur 42 Jahren in seiner Wiener Wohnung. Noch am Abend vor seinem Tod führte er in der Redaktion angeregte Gespräche und schmiedete Pläne.

 

Das Leichenbegängnis fand am 22. April 1872 unter großer Anteilnahme mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur statt. Der riesige Trauerzug begleitete den Leichnam vom Sterbehaus am Kolowratring 3 zur evangelischen Kirche in der Dorotheergasse. Dort fand die feierliche Einsegnung statt. Anschließend begab sich die Trauergemeinde zum Nordbahnhof. Von hier wurde der Verstorbene nach Bielitz (Schlesien) überführt. Dort wurde er in der Familiengruft beigesetzt. Am 7. Juni 1891 erfolgte die Umbettung der sterblichen Überreste in eine neue Familiengruft auf dem Zentralfriedhof. 1875 gestaltete der Bildhauer Viktor Tilgner das Grabdenkmal aus weißem Carrara-Marmor. Die Gruft befindet sich in den Alten Arkaden rechts (AAR13), gleich bei Tor 2.  Max Friedländers einstiger Freund und späterer Widersacher - August Zang - ruht ebenfalls hier und zwar in Sichtweite, in den linken Arkaden. Nur die Straße verläuft wie ein Puffer zwischen den zerstrittenen Journalisten.

Renovierung des Grabdenkmals

Zum Grabdenkmal gehört auch eine Allegorie mit einer lebensgroßen weiblichen Marmorstatue. Obwohl sie unter den Arkaden stand, war ihr Zustand nach 130 Jahren äußerst gefährdet. Carrara-Marmor ist für das nördlichere Klima im Freien nicht geeignet. Zahlreiche feine, ursprünglich polierte Oberflächen platzten wie Wunden auf und darunter rieselte der Marmor wie Zucker heraus. Dazu kamen schwarzbraune Ablagerungen von Ruß und schwefeliger Säure aus der Luftverschmutzung.  

 

2001 entschloss sich das Bundesdenkmalamt zu einer umfassenden Restaurierung. Aber schon der Transport der 2 m hohen und 800 kg schweren Figur war eine Herausforderung. Die Hauptreinigung erfolgte mittels eines Lasergerätes. Gegen die großflächige Auflösung der Marmorstruktur wurde ein Wiener Patent zur Tiefentränkung mit Acrylharzen unter Vakuum-Bedingungen erfolgreich eingesetzt. Fehlende Teile wurden dann ersetzt (nicht aber der linke Unterarm). Diese kostspielige Renovierung kostete ca. € 50.000. Aus diesem Grund entschloss man sich, die Figur nicht mehr im Freien aufzustellen. Sie erhielt auf der Empore in der Friedhofskirche zum Hl. Borromäus einen entsprechenden Platz. Doch 2011, nachdem auch das Grab 2010 renoviert worden war, wurde die Figur an ihren ursprünglichen Aufstellungsort rücküberführt. 

 

Weiterführung der "Neuen Freien Presse":

Nach Max Friedländers Tod führte Etienne das Blatt weiter. Allerdings starb auch er nur wenige Jahre später sehr jung. Daraufhin wurde der erst 33jährige Parlamentsberichterstatter Eduard Bacher Chefredakteur und kurz darauf auch Herausgeber. Drei Jahrzehnte lang stand er zumindest nominell an der Spitze der Zeitung. Er wurde aber bald vom Vollblutjournalisten Moriz Benedikt überstrahlt, der 1872 als 23jähriger zur Zeitung kam.


Bildquellen:

  • Max Friedländer: Geni
  • Palais Friedländer: Planet Vienna
  • Zeitungsausschnitt aus "Die Bombe" v. 1.10.1871, Seite 1: Anno - ONB
  • Lily Friedländer verh. du Pasque: Geni
  • Todesanzeige: Philippine Friedländer: Geni
  • Todesanzeige: Helene Friedländer: Geni
  • Todesanzeige Max Friedländer: Neue Freie Presse v. 21.04.1872, Seite 1, Anno - ONB
  • alle Bilder vom Grabmal Friedländer: © Karin Kiradi
  • Theater Ronacher: © Karin Kiradi
  • Max Friedländer: Wienmuseum
  • alle Bilder von Regina Delia: Theatermuseum
  • "Der Zwischen-Akt" v. 11. August 1860, Seite 2 - Anno - ONB
  • "Der Zwischen-Akt" v. 14. August 1860, Seite 3 - Anno - ONB

Quellen

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Kommentare: 2
  • #1

    Magdalena Harm (Montag, 24 Januar 2022 22:46)

    Karin! Ich lese deine Beiträge immer vor dem Schlafengehen und fühle mich jedes Mal ins 19. Jahrhundert versetzt.
    Alles Liebe und schreib weiter!
    Magdalena

  • #2

    Marita (Mittwoch, 26 Januar 2022 13:05)

    Liebe Karin, vielen Dank für den äußerst interessanten Spaziergang mit Dir. Ich habe wirklich eine ganze Menge Neues über den Friedhof, einzelne Grabstellen und Verstorbene erfahren.