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Helene Odilon (1865 - 1939)

Opernsängerin, Vamp und glücklose Intrigantin

Helene wurde als 3. Kind von Augustin Petermann und Paula Lokse am 31. Juli 1865in Dresden geboren (in div. Quellen wird auch ein Geburtsjahr von 1863 bzw. 1864 angegeben). Die Familie lebte in bescheidenen Verhältnissen.

 

Wirken als Schauspielerin

Helene Odilon

Helene Petermann erhielt ihren ersten Schauspielunterricht in Dresden. Bereits 1881 debütierte sie am Sommertheater in Chemnitz und erhielt in der Folge kleinere Engagements an div. Theatern.  1886 wurde sie auf Wunsch Kaiser Wilhelms I. am Berliner Hoftheater engagiert. Dort entwickelte sie sich zum Star. 1888 wurde sie wegen eines privaten Skandals entlassen. 1891 kam sie ans Deutsche Volkstheater nach Wien. 13 Jahre lang war sie dort der Publikumsliebling. Sie zählte zu den bedeutendsten Schauspielerinnen Wiens. Helene hatte eine ganz besondere Ausstrahlung. Vor allem die Männerwelt lag ihr zu Füßen. Mit ihrem Privatleben und zahlreichen Skandalen sorgte sie immer wieder für Aufsehen.

 

Wann sie den Künstlernamen „Odilon“ annahm, ist nicht überliefert. „Odilon“ bedeutet soviel wie „Reich“. Vielleicht war das ihr Wunschgedanke hinter der Namenswahl?

Helene Odilon

Helene verkörperte auf der Bühne hauptsächlich Salondamen. Hermann Bahr schrieb ihr 1891 die Rolle der Lona Ladinser im Stück „Der Star“ regelrecht auf den Leib. Berühmt wurde Helene als "Madame Dubarry" in der Komödie des amerikanischen Autors David Belasco. Das Stück brachte Helene 1902 aus Amerika mit und übersetzte es auch selbst. Sie zahlte sogar die Theaterausstattung aus eigener Tasche und spielte die Hauptrolle. Zeitgenossen beschrieben ihr Spiel als betörend und exotisch, oft auch kühn und gewagt. Gastspiele führten sie nach Berlin, London und bis nach Amerika.  Sie wirkte auch bei der Filmproduktion "Nach der Premiere" mit Richard Grossmann und Eugenie Werner mit.

 

Am Höhepunkt ihrer Karriere erlitt sie im November 1903 während eines Gastspieles in Innsbruck einen Schlaganfall, der das Ende ihrer Bühnenlaufbahn bedeutete.

 

Privatleben

Helene Odilon hatte, was ihr Privatleben anbelangte, keinen allzu guten Ruf. Sie hatte nicht nur viele Bewunderer, sondern auch etliche Liebhaber. Mit diversen Skandalen sorgte sie oft für Schlagzeilen.

Helene Odilon

Am 14. Mai 1893 heiratete Helene Odilon den Schauspieler und Operettensänger Alexander Girardi. Man munkelte, dass sie bereits während der Hochzeitsreise in Bad Ischl eine Affäre mit dem Bankier Albert Rothschild anfing. Angeblich warf sie sich bei einem selbst inszenierten Radfahrunfall dem reichsten Europäer dieser Zeit vor die Füße. Zwischen den Eheleuten Girardi kam es zu erbitterten Eifersuchtsszenen. Es dürfte dabei auch zu tätlichen Übergriffen gekommen sein. Die angespannte Lage setzte Alexander Girardi sehr zu, was auch seine Umwelt bemerkte. Er war stets gereizt. Seine Frau und ihre Helfer bezichtigten Girardi auch des übermäßigen Kokainkonsums. Helene verließ die eheliche Wohnung und quartierte sich im Hotel Sacher ein. Um ihren Mann loszuwerden, bat sie den Psychiater Dr. Julius Wagner-Jauregg um Hilfe. Dieser holte bei Emil Zuckerkandl – einem Freund der Familie – und dem Theaterarzt vom Theater an der Wien Informationen über Alexander Girardi ein. Aufgrund deren Berichten stellte Wagner-Jauregg ein Attest aus, demzufolge Alexander Girardi geisteskrank sei und in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen werden sollte. Alexander bekam davon Wind und bat seinerseits seine Schauspielkollegin Katharina Schratt um Hilfe. Diese konnte erwirken, dass Girardi von einem unabhängigen Arzt untersucht wurde. Alexander Girardi wurde schließlich durch ein Attest des Salzburger Psychiaters Dr. Josef Hinterstoisser rehabilitiert. Im Jänner 1896 wurde die Ehe von Helene und Alexander Girardi schließlich geschieden.

 

Helene war dann noch rund ein Jahr mit dem Baron Rothschild zusammen. Dieser verlor dann aber das Interesse und auch diese Beziehung ging in die Brüche. Helene forderte daraufhin eine hohe Entschädigung von Rothschild. Dieser meinte nur: „Jetzt habe ich schon ihretwegen meine Kinder vernachlässigt, so kann ich sie jetzt nicht noch ihres Vermögens berauben.“

 

Ihre zweite Ehe schloss Helene am 4. August 1900 mit dem ungarischen Gutsbesitzer Ferenc von Rakovszky (ca. 1877–1907). Nach ihrem körperlichen Zusammenbruch 1903 verfiel Helene in tiefe Depressionen. Als Rakovsky im Jänner 1907 starb, dürfte die Ehe nur mehr auf dem Papier bestanden haben. Auf der Todesanzeige von Ferenc von Rakovszky schien Helene jedenfalls nicht als trauernde Witwe auf.

 

Im Oktober 1907 heiratete sie dann Ehemann Nr. 3, den Apotheker Bela von Pecic. Auch diese Ehe war nicht von Dauer und wurde im Mai 1912 geschieden. Ihr Ehemann heiratete 2 Monate später Maja Strozzi.

 

Zeit nach der Schauspielkarriere

Helene Odilon

Zu den körperlichen und seelischen Gebrechen kamen noch weitere Schicksalsschläge. Ihre Verwandten ließen sie entmündigen und entzogen ihr die Verfügungsgewalt über ihr Vermögen. Helene versuchte sich zu wehren und ging an die Öffentlichkeit. Mit einer Pressekampagne versuchte sie ihren Vormund zu diskreditieren. Auch die Gerichte befassten sich mit dem Fall. Der Vormund verklagte 3 Zeitungen, die Helene Odilon in ihren Bemühungen unterstützt hatten. Karl Kraus berichtete 1907 ausführlich in der „Fackel“ über den „Fall Odilon“. Die Prozesse um die Wiedererlangung ihrer vollen Zurechnungsfähigkeit zogen sich in die Länge. Helene schrieb daher ein Buch mit dem Titel „Das Buch einer Schwachsinnigen“. Mit diesem wollte sie beweisen, dass sie nicht verrückt ist.  Wochenlang war das Enthüllungsbuch Stadtgespräch in Wien. Doch Helene verlor den Kampf gegen die Justiz und allmählich wurde es still um sie. Mir drängt sich bei dieser Geschichte das Sprichwort auf: "was du nicht willst das man dir tu, das füge auch keinem anderen zu".

Grab von Helene Odilon

Als Helene 1916 erblindete, nutzte ihr Umfeld die Situation aus und veruntreute ihr gesamtes Vermögen. Nach dem Krieg war sie völlig verarmt und zog in Wien von Lokal zu Lokal, um alte Fotografien aus ihrer Glanzzeit zu verkaufen. Nach Aufenthalten in einem Asylheim in Salzburg und dem Christlichen Hospiz in Dresden gewährte ihr die Gemeinde Wien auf Betreiben von Hermann Bahr einen Ehrenlohn. Damit und mit ihrer kleinen Pension vom Deutschen Volkstheater bekam sie 1928 schließlich im neu eröffneten Altersheim „Sorgenfrei“ in Baden bei Wien einen Platz. Damals berichteten die Zeitungen irrtümlich über ihren Tod in einem Siechenheim in Salzburg. Tatsächlich starb sie erst am 9. Feber 1938 in Baden bei Wien nach einem neuerlichen Schlaganfall.

 

Ihre letzte Ruhestätte befindet sich am Zentralfriedhof, Gruppe 12/1/23, gleich in der Nähe des Haupteinganges bei Tor 2. Das Grab wurde 1942 von der Gemeinde Wien ehrenhalber gewidmet.

 

2007 wurde die Helene-Odilon-Gasse im 14. Wiener Gemeindebezirk nach der Schauspielerin benannt.


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Kommentare: 1
  • #1

    Othmar E.R. Pusch sen. (Dienstag, 12 Oktober 2021 20:20)

    Tja, die Radfahrer und deren Radunfälle ... interessanter Artikel .... LG/Othi