Allgemeines zum Zentralfriedhof
Die meisten Menschen nennen das gesamte Areal in Simmering mit den verschiedenen Friedhöfen "Zentralfriedhof" ("interkonfessioneller Hauptfriedhof", alter jüdischer Friedhof, neuer jüdischer Friedhof, evangelischer Friedhof, Feuerhalle Simmering). Wenn ich "Zentralfriedhof" schreibe, meine ich den Hauptfriedhof inkl. dem alten jüdischen Friedhof. Alle anderen Friedhöfe sind nicht nur baulich vom Zentralfriedhof getrennt, sondern werden auch getrennt verwaltet. Der Friedhof wurde nach den Plänen des Architektenteams Karl Jonas Mylius und Alfred Friedrich Bluntschli errichtet. Das ursprüngliche Areal war ein unregelmäßiges Fünfeck und hatte 11 Tore, deren Nummerierung im Uhrzeigersinn an der Ecke Weichseltalweg/Simmeringer Hauptstraße beginnt. Der Haupteingang ist bei Tor 2.
Der Friedhof wurde zu Allerheiligen 1874 als interkonfessioneller Friedhof eröffnet. Kurz vor der Eröffnung war sogar von einem konfessionslosen Friedhof die Rede, was die katholischen Gemüter erhitzte. Um eine drohende Demonstration abzuwenden, wurde der Friedhof dann doch einen Tag vor Eröffnung nach katholischem Ritus eingeweiht. Er ist mit einer Fläche von 2,5 km² der zweitgrößte Friedhof Europas (nach dem Friedhof in Hamburg Ohlsdorf). Er beherbergt rund 330.000 Gräber, darunter ca. 1.000 Ehrengräber (inkl. ehrenhalber gewidmeter Gräber). Rund 3 Millionen Tote aller Konfessionen sind hier begraben. Über den Zentralfriedhof sagt man, dass er „halb so groß wie Zürich, aber doppelt so lustig sei“.
Der Zentralfriedhof als interkonfessioneller Friedhof steht grundsätzlich jedem Verstorbenen ungeachtet seines Glaubens als letzte Ruhestätte zur Verfügung. Den größten Teil des Hauptfriedhofs nehmen seit jeher katholische Gräber ein. Es gibt keine Vorschrift, dass Angehörige bestimmter Konfessionen nur an bestimmten Plätzen bestattet werden dürfen. Teilweise findet man auch Gräber unterschiedlicher Religionen nebeneinander. Im Laufe der Zeit haben sich aber eigene Areale für die Angehörigen bestimmter Religionen- bzw. Konfessionen gebildet:
- Buddhistische Abteilung
- Islamische Abteilungen (alte, neue und islamisch-ägyptische)
- Orthodoxe Abteilungen (russisch-orthodox, griechisch-orthodox, rumänisch-orthodox, bulgarisch-orthodox, serbisch-orthodox, syrisch-orthodox, koptisch)
- Mormonische Abteilung
- alter jüdischer Friedhof
Buddhismus
Der Glaubensgründer
Der Buddhismus geht auf Siddharta Gautama zurück, der 560 v. Chr. nahe der nepalesischen Grenze geboren wurde. Sein Vater war Stammesfürst des Volkes der Shakyas. Siddharta wurde als Prinz erzogen und heiratete mit 16 Jahren seine Cousine Yashodhara, die ihm nach 13 Jahren einen Sohn schenkte. In diesen Jahren zweifelte Siddharta mehr und mehr an der Sinnhaftigkeit des luxuriösen Lebens. Die Begegnungen mit einem Greis, einem Kranken, einem Toten und einem Asketen machten ihm die Vergänglichkeit der menschlichen Existenz bewusst. Ein Bettelmönch, der heitere Gelassenheit ausstrahlte, wies ihm den Ausweg aus dem irdischen Leiden. Nach der Geburt seines Sohnes verließ er die Familie und suchte als Asket nach dem Sinn des Lebens. Mit 35 Jahren hatte er unter einem Baum die Erleuchtung. Von da an trug er den Titel „Buddha“ (Erleuchteter). Sieben Tage nach diesem Erlebnis machte er sich auf den Weg um die von ihm gewonnenen Erkenntnisse auch anderen Menschen mitzuteilen. Zunächst hielt er vor 5 Mönchen seine erste Predigt – sie wird auch buddhistische Bergpredigt genannt. Er fasste seine Lehre in den Vier Edlen Wahrheiten zusammen und empfahl den Lebensweg in einer Balance zwischen ausschweifendem Leben in Luxus und Askese zu gehen. In den folgenden 45 Jahren führte Buddha ein Predigt- und Wanderleben und wirkte als geistlicher Lehrer. Seine Jünger waren äußerlich durch einen geschorenen Kopf und das Tragen eines gelben Gewandes erkennbar. Seine letzten Jahre verbrachte Buddha in einem Kloster in Sravasti, bis er 480 v. Chr. im Alter von 80 Jahren starb.
Die buddhistische Lehre
Das Ziel eines Buddhisten ist das Nirwana. Es bedeutet soviel wie "VerIöschen" (Sanskrit). Hat man es erreicht, hat man alles Leid überwunden und löst sich quasi in Nichts auf. Nirwana ist kein Ort, sondern ein Zustand, der unabhängig von Zeit und Ort, von Leben und Tod existiert. Solange dieser höchste Zustand nicht erreicht ist, wird man immer wieder geboren und bekommt damit eine neue Chance es besser zu machen. Buddhisten glauben an einen Kreislauf von Geburt und Wiedergeburt. Taten, Gedanken und Absichten entscheiden, als was man im nächsten Leben geboren wird. In unserem Sprachgebrauch würden wir sagen: "Zur Strafe, weil man noch nicht perfekt war, muss man es nochmal versuchen."
Im Kern der Lehre des Buddha stehen "die 4 Edlen Wahrheiten":
- Das Leben ist Leiden
- Es gibt eine Ursache des Leidens
- Es gibt ein Ende des Leidens
- Es gibt einen Weg, der zum Ende des Leidens führt, den 8fachen Pfad
Der 8 fache Pfad
Der 8fache Pfad führt aus dem Leiden ins Nirwana.
1. Rechte Ansicht: Erkennen der 4 edlen Wahrheiten
2. Rechte Gesinnung: Gelassen und friedfertig sein
3. Rechte Rede: Sprechen ohne Lüge und Eitelkeit
4. Rechtes Handeln: Bei jedem Tun die 5 Tugenden einhalten
5. Rechter Lebenserwerb: Den Lebenserwerb bestreiten ohne einem Lebewesen dabei Schaden zuzufügen.
6. Rechte Anstrengung: Sich Mühe geben und seine Pflicht erfüllen
7. Rechte Achtsamkeit: Achtsam sein, stets besonnen denken und handeln
8. Rechte Sammlung: Konzentration, Nachdenken und Meditieren.
Buddhistische Glaubensrichtungen
- Theravada- oder Hinayana-Buddhismus (,,Der alte Weg" oder ,,Das kleine Fahrzeug")
- Der Hinayana-Buddhismus ist vor allem in Süd- und Südostasien verbreitet Er beansprucht für sich, die reine Lehre Buddhas zu verkünden. Träger sind vor allem die Mönche, die streng nach den Ordensregeln leben.
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Mahayana-Buddhismus (,,Großes Fahrzeug")
Der Mahayana-Buddhismus stellt heute die größte buddhistische Schulrichtung dar. Der Name ,,großes Fahrzeug" bedeutet, dass alle Menschen, also auch Laien, die sich an der buddhistischen Lehre orientieren, die Möglichkeit haben in diesem großen Fahrzeug das Nirvana zu erreichen. Verbreitet ist diese Richtung vor allem in China, Japan, Korea, Nordindien, Tibet, Nepal und der Mongolei. -
Vajrayana-Buddhismus (,,Diamantenes Fahrzeug")
Diese Richtung wird auch Mantrayana (,,Fahrzeug der Sprüche und Formeln") genannt und ist aus dem Mahayana-Buddhismus entstanden. Im Zentrum steht die geistige Vorstellungskraft, daher wird großer Wert auf Rituale und Darstellungen von Buddha oder Gottheiten gelegt. Das Hauptverbreitungsgebiet ist Tibet. Diese Richtung ist auch die in Österreich meist vertretene. Oberster Lehrer und Mönch ist der Dalai Lama.
Buddhismus in Österreich
Der Buddhismus ist in Österreich seit 1983 als Religion staatlich anerkannt. Die ersten ernsthaften Kontakte eines Österreichers mit dem Buddhismus liegen irgendwo im 17. oder 18. Jahrhundert. Es war die Begegnung eines Jesuitenmissionars mit dem Vajrayana-Buddhismus in den Himalaya-Ländern. Auch heute ist der Vajrayana-Buddhismus die meist verbreitete Form des Buddhismus in Österreich. Ende des 19. Jahrhunderts übersetzte der Wiener Eugen Neumann große Teile des Pali-Kanons ins Deutsche und war damit der erste maßgebliche Übersetzer buddhistischer Schriften in eine europäische Sprache. Somit wurde er auch ein Wegbereiter des Buddhismus im Westen und insbesondere im deutschsprachigen Raum. Zur damaligen Zeit erregte der Buddhismus noch überwiegend wissenschaftliches Interesse und weniger spirituelle Anziehung.
Der buddhistische Friedhof
2003 wurde mit der Errichtung des buddhistischen Friedhofs am Areal des Zentralfriedhofs in der Gruppe 48A begonnen. Am 23. Mai 2005, dem Vesakhtag, wurde er eingeweiht. Der Vesakhtag ist der größte buddhistische Feiertag, der an die Geburt, die Erleuchtung (Nirwana) und das vollkommene Verlöschen (Parinirvana) des Buddha Siddhartha Gautama und seinen Austritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburt (Samsara) erinnert. In einer feierlichen Zeremonie wurde der Stupa, ein im Zentrum der Anlage stehender Sakralbau, von Mönchen mit Sutrentexten aller in Österreich vertretenen buddhistischen Schulen befüllt.
Friedhöfe dieser Art sind außerhalb der buddhistischen Kernländer kaum vorhanden. Die Gestaltung erfolgte nach Entwürfen des Architekten Christof Riccabona. Dieser Friedhof mit seiner spezifisch buddhistischen Symbolik, bietet sich neben einem Ort des Gedenkens auch als Ort der Besinnung und der Kontemplation an. Die Gräbergruppen sind in Form eines 8speichigen Rades um den Stupa angelegt. Das symbolisiert den edlen achtfachen Pfad des Buddhismus. Zwölf am Umfassungsweg der Anlage gesetzte Steine stehen für die Ursachen des Leidens und somit der Wiedergeburt. Als Bestattungsarten sind sowohl Erd- als auch Urnenbegräbnisse möglich. Die Gräber sind mit einem Steinsockel versehen, auf dem das Achtfache Rad graviert ist. Die Pflege der Anlage wird durch die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft organisiert. Im Buddhismus spielen Friedhöfe keine große Rolle, da auch der menschliche Körper für die Erreichung der Erleuchtung keine Rolle spielt.
Buddhistische Riten und Bräuche rund um das Sterben
Grundsätzlich folgen buddhistische Trauerfeiern einem einfachen Ablauf und einem festgelegten Protokoll. Die Zeremonie findet entweder in einem buddhistischen Tempel oder im Haus der verstorbenen Person statt. Dies ist in Österreich allerdings nur sehr selten möglich, da ein Leichnam nicht so lange zu Hause aufgebahrt werden darf und dazu eine Ausnahmegenehmigung eingeholt werden muss. Steht kein Kloster in der Nähe zur Verfügung, so findet das Bestattungsritual in einer Trauerhalle statt. Für Buddhisten ist der Sterbeprozess erst nach drei Tagen abgeschlossen. Das heißt, der Stillstand der Atmung ist noch nicht das Ende des Lebens. Die Waschung des Verstorbenen darf nur in einem bestimmten Zeitfenster nach dem Tod durchgeführt werden. Um den Sterbeprozess in den folgenden Tagen nicht zu stören, darf der Tote in dieser Zeit nicht berührt werden. Der Tag der Beisetzung und der Trauerzeremonien wird von einem Wahrsager nach astrologischen Kriterien berechnet. Nach Möglichkeit ist ein buddhistischer Mönch bei der Zeremonie anwesend. Dieser nimmt die Weihung des Sarges mit Wasser vor. Es wird ein Altar mit einer Buddha-Statue, Räucherstäbchen, Blumen und Opfergaben aufgebaut. Nach dem Start der Feierlichkeiten durch einen Gong-Schlag singt die Trauergemeinde ausgewählte Lieder bzw. Lobgesänge und rezitiert religiöse Texte bzw. meditiert. Im Anschluss findet eine Totenandacht vor dem Altar statt. Während des sogenannten Bardo (ein Zwischenzustand von 49 Tagen nach dem Tod) entscheidet sich, in welcher Form die Wiedergeburt erfolgt. Oberstes Ziel ist es, sich aus dem Kreislauf der Wiedergeburten zu befreien und das Nirvana als Zustand der Vollkommenheit und Erlösung zu erreichen.
Nachdem im Rahmen der Trauerfeier von der verstorbenen Person Abschied genommen wurde, wird der Leichnam zumeist im Zuge einer Feuerbestattung eingeäschert. Bevor die Asche beerdigt wird, muss diese 49 Tage in einem buddhistischen Tempel aufbewahrt werden. Grundsätzlich sind auch Erdbestattungen möglich, allerdings sind diese seltener. Dabei geleitet ein Trauerzug, an dessen Spitze eine Buddha-Statue steht, den Sarg zum Grab. Buddhistische Geistliche oder die Angehörigen des Verstorbenen führen eine rituelle Reinigung der Grabstelle durch. Anschließend wird der Sarg oder die Urne beigesetzt. Die Trauergäste werfen dann eine Handvoll Erde oder Blumen in das Grab.
Abschied und Tod sind nur andere Worte für Neuanfang und Leben.
Alles was du zurücklässt findest du in einer anderen Form immer wieder.
(Buddhistische Lebensweisheit)
Ein herzliches Dankeschön an Sr. Maria Zeitler von der Kongregation der Schwestern vom Göttlichen Erlöser in Eisenstadt, die mich bei der Erstellung dieses Artikels unterstützt hat!
Bildquellen:
- Lageplan Zentralfriedhof: Viennatouristguide
- Buddha: Yogagen
- 8facher Pfad: Spiritwiki
- alle Fotos v. Buddhistischen Friedhof: Karin Kiradi
- Danke: Experto
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Johannes-Maria Lex (Donnerstag, 24 Juni 2021 23:58)
Siehe dazu auch die informative Homepage der Österreichischen Buddhistischen Re.igionsgesellschaft unter -> https://www.buddhismus-austria.at/
Manuela Robben (Sonntag, 04 Juli 2021 08:22)
Wieder ein interessanter Bericht
Danke!